Wie lässt sich Arkadien, diese antike Hirtenidylle, in die Gegenwart übertragen? Für Aktionskünstler Peter Kees steckt hinter dem Begriff die politische Idee eines friedlichen, gerechten Miteinanders, ohne Kriege, entfremdete Arbeit und gesellschaftlichen Anpassungsdruck. Deswegen war es ihm als Kurator von Beginn an ein Anliegen, die Arkadien-Jahresausstellung in Ebersberg zu einem regelrechten Festival auszubauen, das über die bildende Kunst weit hinaus geht. Erwünscht waren explizit Beiträge mit workshopartigem, prozesshaftem oder laborähnlichem Charakter. Außerdem haben Kees und seine Mitstreiter ein vielfältiges Rahmenprogramm auf die Beine gestellt, in dem unterschiedliche Akteure diverse alternative Ansätze präsentieren. Dementsprechend haben die Juroren - allesamt Mitglieder einer Arkadischen Akademie - diesmal keine eigene Ausstellung, sondern beteiligen sich anderweitig am Geschehen.
Los geht das ganze Spektakel in der Alten Brennerei am Freitag, 8. Februar, bereits um 9 Uhr mit einer Performance: Helmut Mühlbacher wird im Klosterbauhof im Kreis laufen, zwölf Stunden, ohne Unterbrechung. Ziel der Aktion ist es, das Verhältnis von Körper, Raum, Bewegung und Zeit auszuloten und zeitgleich mit Menschen in einen Dialog zu treten. Mühlbacher möchte mit Passanten über Konsum, Kultur und den arkadischen Traum sprechen, persönliche Ansichten sollen schriftlich festgehalten und im Kontext der Ausstellung präsentiert werden. Bei der Ausstellungseröffnung um 19 Uhr wird dann der Kunstpreis der Stadt Ebersberg verliehen, außerdem gibt es weitere Performances: Der Fotograf Werner Bauer widmet sich dem allgegenwärtigen Phänomen der Rivalität, und Phobe Lesch balanciert mit einem bronzenen Römerkopf "über ewige Werte und klassische Maße". Obendrein kann man den Münchner Botschafter von Užupis, Max Haarich, kennenlernen: Die selbsternannte Republik mit etwa 7000 Einwohnern ist Litauens größtes Kunstprojekt, laut Kees ein Vorbild für friedliches und tolerantes Gemeinschaftsleben.
Sehr theoretisch geht es am Samstag, 9. Februar, mit den Juroren weiter: Um 16 Uhr spricht der Philosoph und Informatiker Klaus Prätor über Arkadien und Utopien, zwischenrein liest Radiomann Andreas Neumann arkadische Texte. "Kunst als Freiraum, Experimentierfeld und Labor für die Entwicklung zukunftsfähiger Ideen und Konzepte" lautet das Thema von Kulturhistoriker und Publizist Rolf Külz-Mackenzie, dieser Vortrag beginnt um 17 Uhr. Danach, um 18 Uhr, folgt eine Lesung von Axel Tangerding, Architekt und Theatermacher. Anhand kritischer Texte von Rem Koolhaas und anderen spricht er über Utopia, das urbane Leben und Architektur. Seinen Abschluss findet der Samstag um 20 Uhr mit einer Diskussionsrunde der Arkadischen Akademie, die sich als "Impulswerkstatt" versteht: Prätor, Külz-Mackenzie, Kuratorin Tine Neumann und Kulturjournalistin Monika Ziegler debattieren unter der Moderation von Kees über Lösungsansätze für gegenwärtige gesellschaftliche Probleme - über "Müßiggang, Kunst und sozialen Fortschritt".
Die Botschaft von Užupis gestaltet den Sonntagnachmittag ebenfalls mit zwei Vorträgen: Botschafter Max Haarich und David Lipgens, Experte für digitale Innovationen, widmen sich dem Spannungsfeld zwischen Wissenschaft, Technologie und Kunst. Unter dem Motto "Explore The Unthinkable" geht es hier darum, Brücken zu bauen.
Eine Premiere steht dann am Mittwoch, 13. Februar, auf dem Programm: Im Alten Kino läuft "Versuchungen des Glücks: Arkadien - der Film" von Peter Kees. Er hat sich auf die Suche nach dem Mythos begeben: Mit einer Kamera reiste er zu Philosophen, Künstlern, Wissenschaftlern, nach Italien und auf den Peloponnes, um herauszufinden, welche Bedeutung Arkadien heute hat. "Die Antworten sind bemerkenswert...", heißt es in der Ankündigung.
Doch damit noch nicht genug: Im weiteren Verlauf bietet das Festival noch ein Repaircafé, eine Kleidertauschparty, ein soziales Experiment, eine Konferenz der Kinder und ein klassisches Konzert. Der Höhepunkt aber wird wohl ein Theaterabend am Samstag, 9. März, sein: Werner Waas und Lea Barletti aus Berlin inszenieren "Arkadia", den bislang letzten Text des Münchner Autors Herbert Achternbusch - eine "Verabschiedung vom Denken".