Das Ende einer Gartenparty:Feucht, aber nicht fröhlich

Lesezeit: 2 min

Nach einer Prügelei im Vollrausch mit sechs Polizisten muss sich ein junger Mann vor dem Amtsgericht verantworten

Von Wieland Bögel, Ebersberg

So manche Feier endet weniger schön, als sie begonnen hat, was nicht selten am zu eifrigen Genuss geistiger Getränke liegt. Das besonders unschöne Ende einer Gartenparty hatte nun für einen Festbesucher ein juristisches Nachspiel: der 20-Jährige saß auf der Anklagebank des Amtsgerichts, weil er im Suff ausgerastet ist, sechs Polizisten waren nötig, um ihn zu bändigen.

Was man dem jungen Mann kaum zutraut. Der 20-Jährige wirkt deutlich jünger, auf Fragen von Richter Dieter Kaltbeitzer, dem medizinischen Sachverständigen oder der Staatsanwältin antwortete er leise und wirkt eher schüchtern. Ein Eindruck, den auch Sven Kautz von der Jugendgerichtshilfe gewonnen hat. Er attestiert dem Angeklagten eine "evidente Reifeverzögerung". Darum wurde der Fall nach dem Jugendstrafrecht behandelt.

Tatsächlich klingt es wenig erwachsen, wie sich der 20-Jährige im September bei einer Feier im südlichen Landkreis aufgeführt hat. Als ihn andere Partygäste irgendwann vom Weitertrinken abhalten wollten, sei er aggressiv geworden. Ein Festbesucher empfand dies offenbar als so bedrohlich, dass er die Polizei rief. Diese attackierte der 20-Jährige mit so gut wie jedem Schimpfwort, das einem mit rund 1,7 Promille noch einfällt - den Wert hatte der Sachverständige aus der Blutprobe errechnet. Außerdem stürmte der junge Mann fäusteschwingend auf die Beamten zu und trat um sich. Diese zogen sich blaue Flecken, Prellungen und Schürfwunden zu. Am Ende waren drei Streifenwagenbesatzungen, also sechs Gesetzeshüter im Einsatz, plus ein Krankenwagen, um den 20-Jährigen erst in die Kreisklinik, dann nach Haar zum Ausnüchtern zu fahren.

Dort war der junge Mann wegen seiner Alkoholprobleme bereits zuvor schon einmal in Behandlung gewesen. Auslöser waren ein Fahrradunfall, ebenfalls mit rund 1,7 Promille, und eine Art Krampfanfall nach einer durchzechten Nacht. Die Ärzte im Bezirkskrankenhaus verschrieben damals Antidepressiva und Psychotherapie. Beides nehme er bis heute in Anspruch, so der Angeklagte. Möglicherweise habe das Medikament, das auch bei Antriebsschwäche verordnet wird, den Ausbruch auf der Party befördert, vermutete der Angeklagte. Allerdings könne er sich an den Vorfall nicht mehr erinnern, auch wie viel er getrunken habe, wisse er nicht genau.

An dem betreffenden Abend sei er erst wieder auf dem Weg ins Krankenhaus zu sich gekommen, so der 20-Jährige. Dies bestätigte die Aussage eines der beteiligten Polizisten: Nachdem der Angeklagte zunächst nur Schimpfwörter von sich gab, habe er sich im Krankenwagen beruhigt und sei ansprechbar gewesen. Sein Verhalten zuvor schilderte ein anderer Zeuge als "psychisch auffällig", der Angeklagte habe sich anders benommen, als "normale" betrunkene Randalierer, so der Polizist. So habe er nicht aufgehört, die Beamten zu beschimpfen und ihnen mit Schlägen zu drohen, dazwischen habe er entweder gelacht oder sei kurz eingeschlafen. Deshalb habe man ihn zum Ausnüchtern auch lieber in die Psychiatrie gebracht.

Wo er aber am nächsten Tag entlassen wurde, was nach Einschätzung des medizinischen Sachverständigen auch nicht verwunderlich ist. Der 20-Jährige habe vielleicht eine "gewisse Instabilität" in seiner Persönlichkeit, krankhaft sei dies jedoch nicht. Weshalb er auch voll schuldfähig sei, so der Experte, zumal der Angeklagte nicht so betrunken war, dass er gar nicht mehr wusste, was er tut.

Der 20-Jährige nutzte sein Schlusswort, um sich bei den Polizisten zu entschuldigen, "es tut mir wirklich leid, unter normalen Umständen würde ich das nie tun." Dies wertete Richter Kaltbeitzer zugunsten des jungen Mannes, ebenso, dass die Polizisten nicht ernsthaft verletzt wurden und der Angeklagte nachweislich ein halbes Jahr trocken ist. Da der angehende Auszubildende über kein Einkommen verfügt, wurde er zu acht Tagen gemeinnütziger Arbeit verurteilt.

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: