Caritas-Fachdienstleiterin Regina Brückner::"Täterarbeit ist der beste Opferschutz"

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Gewalt in der Partnerschaft ist ein großes Problem. Bei der Caritas-Beratungsstelle will man nun einen neuen Ansatz erproben

Interview von Manuel Kronenberg, Ebersberg

Wenn es in der Partnerschaft zu Gewalt kommt, benötigen die Opfer Hilfe. Aber auch den Tätern soll geholfen werden, sagt Regina Brückner von der Caritas Beratungsstelle für Eltern, Kinder, Jugendliche und Familien. Die Caritas plant, eine Täterberatung einzurichten und hat dem Landratsamt ein Konzept vorgelegt. Derzeit wird dort geprüft, ob der Bedarf für dieses neue Angebot vorhanden ist. Im Interview erzählt Brückner, wozu eine solche Beratung gut ist und was bei diesem Problem generell helfen könnte.

SZ: Frau Brückner, man könnte doch denken, dass bei Partnerschaftsgewalt die Täter das Problem sind, weil von ihnen die Gewalt ausgeht. Wieso ist es wichtig, denen zu helfen?

Regina Brückner: Täterarbeit ist der beste Opferschutz. Sobald Täterinnen und Täter anfangen, das eigene Verhalten zu reflektieren und die Bereitschaft zeigen, darüber nachzudenken, wie man Konflikte gewaltfrei lösen kann, ist das schon der erste Schritt, die Opfer zu schützen.

Wie kann das erreicht werden?

Ein wichtiges Thema ist, dass die Täter Verantwortung dafür übernehmen, was sie getan haben. Dass sie merken: Ich bin verantwortlich dafür, dass ich geschlagen, beleidigt, bedroht habe und nicht der andere, weil er mich vielleicht provoziert hat. In der Beratung kann dann zum Beispiel überlegt werden, wie und warum es zu Gewalt kommt und was sie tun können. Das ist natürlich ein langer Weg. Da wird dann nicht nur einzeln, sondern auch in der Gruppe gemeinsam reflektiert.

Gewalt in Partnerschaften geht in den meisten Fällen von Männern aus. Gibt es auch Frauen, die zu Täterinnen werden?

Die gibt es. Auch in der Erziehungsberatung, in meinem Bereich, kriege ich das mit. Aber die Zahl ist wirklich gering.

Für viele ist wohl schwer vorstellbar, dass Frauen Männern körperlich wehtun und diese sich nicht wehren können. Oder geht es in solchen Fällen gar nicht um physische Gewalt?

Natürlich kommt es auch zu physischer Gewalt. Aber es spielen auch Beleidigungen oder sexuelle Übergriffe eine Rolle. Von häuslicher Gewalt spricht man immer dann, wenn es zu Übergriffen kommt. Die sind nicht nur körperlich. Es stimmt, dass man bei dem Thema eher Männer im Kopf hat, aber es geht auch anders.

Welche Motive spielen dabei eine Rolle?

Die Motive sind sehr unterschiedlich. Von Machtdemonstration bis hin zu Kontrollverlust während eines Streits. Es ist auch immer wichtig, zu schauen, in welchem Kontext Gewalt vorkommt. Häufig passiert so etwas während einer Trennung oder Scheidung.

Was glauben Sie, welche Veränderungen es braucht, damit man das Problem in den Griff bekommt?

Ich würde mir wünschen, dass nicht verheimlicht wird, wenn es Probleme gibt. Besonders, wenn Kinder direkt oder indirekt von Gewalt zwischen den Eltern betroffen sind. Kinder leiden massiv darunter. Und es sollte klar werden, wie oft es in Partnerschaften zu Gewalt kommt. Das geht durch alle Schichten hindurch. Ich würde mir wünschen, dass man in der Gesellschaft darüber reden kann. Viele Betroffene schämen sich ja, zuzugeben, was sich zu Hause abspielt. Es wäre schön, wenn sie frei sagen können: Das passiert und ich hole mir Hilfe. Egal ob es Opfer oder Täter sind.

© SZ vom 03.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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