Bürgerversammlung in Parsdorf:Sag niemals nie

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Noch gehören das Areal, auf dem das neue Gewerbegebiet entstehen soll, dem Freistaat. Die Verhandlungen über einen Flächentausch laufen. (Foto: Christian Endt)

Bauamtsleiterin Brigitte Littke sorgt mit einer Aussage zum neuen Gewerbegebiet für Aufsehen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Im Rathaus wachsen offenbar die Zweifel daran, dass das groß angekündigte neue Gewerbegebiet wie geplant umzusetzen ist. Zumindest deutet eine Aussage, die von Bauamtsleiterin Brigitte Littke nun auf der Parsdorfer Bürgerversammlung zu hören war, in diese Richtung: Möglicherweise werde nördlich der A94 "nie" etwas gebaut.

Der Satz fiel auf die Frage von Hubert Posch, der eigentlich nur wissen wollte, wie lange der Modellflugverein sein Gelände nördlich von Parsdorf noch nutzen kann. Denn ursprünglich habe es geheißen, noch im Herbst diesen Jahres sollten die Bauarbeiten am Gewerbegebiet beginnen, nun sei von Verzögerungen die Rede, "wenigstens eine Jahreszahl" könne man dem Verein doch mitteilen, sagte Posch. Kann man aber nicht, entgegnete Bürgermeister Georg Reitsberger (FW): "Zum Gewerbepark kann man heute keine Aussage machen."

Der Grund sind die seit mehr als einem Jahr laufenden Verhandlungen mit dem Freistaat Bayern, zu dessen Gut Grub die benötigten Flächen gehören. Die Gemeinde und der Investor VGP hatten ein Tauschgrundstück bei Neufarn angeboten, das allerdings weniger wert ist. Darüber, wie viel Gemeinde und Investor draufzahlen müssen, wird hart verhandelt. Voraussichtlich im Juni könne man mehr dazu sagen, so Littke, geht alles gut, könnte tatsächlich heuer noch mit den Bauarbeiten begonnen werden. Falls man sich bis Juni nicht einigt, passiere dort heuer nichts mehr - und eben vielleicht auch nie.

Eine Aussage, der Wirtschaftsförderer Georg Kast auf Nachfrage nicht widersprechen will - die er aber doch etwas relativiert. Natürlich gebe es bei jedem Projekt die Möglichkeit eines Scheiterns, so Kast, er schätze diese allerdings als sehr gering ein: "Alle wollen das Projekt - auch der Freistaat." Lediglich beim Geld sei man sich eben noch nicht handelseinig geworden. Was aber laut Kast bald der Fall sein könnte, im Mai soll ein Gutachten zum Wert der Grundstücke vorliegen, im Juni gebe es dann eine Entscheidung, ob der Deal klappt. Wenn dies aber nicht der Fall sei, der Freistaat also den Flächentausch ablehne, sei das Projekt Gewerbegebiet auf absehbare Zeit erledigt, sagt Kast: "Dann passiert da auch die nächsten zehn bis 20 Jahre nichts mehr". Für die Gemeinde wäre ein solches Scheitern ein herber Schlag, genauer für die Gemeindefinanzen. Zwar versichert Kast, dass man keinerlei Regressforderungen weder vom Investor noch von den avisierten Betrieben - Krauss-Maffei und BMW - zu erwarten hätte. Aber eben auch keine zusätzlichen Steuereinnahmen. Diese sollen nach einem im vergangenen Sommer vom Zweiten Bürgermeister Martin Wagner vorgestellten Plan einen mittleren einstelligen Millionenbetrag ausmachen und wären eine echte Hilfe für den bereits heute extrem angespannten Haushalt, den Kämmerer Markus Porombka auf der Versammlung erläuterte: Auf bis zu 30 Millionen Euro dürften sich die Verbindlichkeiten bis Ende kommenden Jahres addieren, Grund sind Großprojekte, wie etwa der Bau der neuen Grund- und Mittelschule, aber auch der geplanten Umgehungsstraße für Parsdorf und Weißenfeld.

Was Hanns Burghard die Frage stellen ließ, ob man sich die Straße überhaupt leisten könne, ohne "in die Schuldenfalle" zu geraten. Die Antwort des Kämmerers fiel vorsichtig aus: Grundsätzlich seien die berechneten Kosten der Umfahrung im Finanzplan enthalten und mit den 30 Millionen Euro Schulden "können wir noch leben - aber das ist die Grenze".

Grenzwertig ist nach Ansicht einiger Zuhörer auch die Situation bei der Kinderbetreuung. Michaela Thunemann vom Elternbeirat des Neufarner Waldorfkindergartens etwa beklagte den beengten und insgesamt schlechten Zustand des gemeindeeigenen Gebäudes. So funktioniere der Boiler nicht mehr richtig und es gebe Schimmel in den Sanitäranlagen. Tobias Loher vom Kindergartenvorstand erinnerte daran, dass die Gemeinde schon vor geraumer Zeit eine Erweiterung des Gebäudes zugesagt, aber kürzlich einen Rückzieher gemacht habe.

"Wir werden unsere Immobilie in Neufarn sehr bald auf Vordermann bringen", versicherte Bürgermeister Georg Reitsberger (FW), die Schimmelbeseitigung soll so schnell wie möglich erfolgen. Wann allerdings erweitert werden kann, sei noch nicht sicher, zunächst müsse der Anbau des Feuerwehrhauses nebenan fertig sein. Zudem gebe es Brandschutzvorgaben zu beachten, die das ehemalige Schulhaus dank Bestandsschutz derzeit zwar nicht erfüllen müsse, aber im Falle einer Sanierung oder Erweiterung. Eine Aussage, die man im Kindergarten gerne etwas konkreter hätte: "Ich hoffe, dass Sie uns nicht wieder am ausgestreckten Arm verhungern lassen", meinte Thunemann.

Vernachlässigt fühlt man sich auch bei der Parsdorfer Mittagsbetreuung. Slavica Tavra wies darauf hin, dass es dort, anders als im von der Verwaltung vorgestellten Sachvortrag, nicht 86 Plätze gebe, sondern nur 70 - die sich allerdings 86 Schulkinder teilten. Was nur möglich sei, weil der FC Parsdorf der Mittagsbetreuung sein Vereinsstüberl zur Verfügung stelle, obwohl es auch beim Verein sehr eng zugehe und dieser ebenfalls neue Räume brauche. Wenn man die Zunahme der Schülerzahlen betrachte, "wird mir schlecht bei dem Gedanken, wie vielen Eltern ich nächstes Jahr absagen muss", so Tavra.

Auch über zwei Anträge an den Gemeinderat stimmte die Versammlung ab. Johann Gunszt forderte, eine Buslinie einzurichten, die auch am Wochenende fährt. Gerhard Westermeir hatte schriftlich beantragt, die Gemeinde möge einen Gehweg auf der Ostseite der Gruber Straße zwischen dem Ortsrand und der Bushaltestelle am Hotel im Gewerbegebiet bauen. Beide Anträge wurden mit deutlicher Mehrheit angenommen. Dies bedeutet aber nicht, dass beide Projekte nun zwangsläufig realisiert werden - sondern nur, dass sich der Gemeinderat innerhalb von drei Monaten mit den Anträgen befassen muss.

© SZ vom 13.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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