Bürger sollen mit einbezogen werden:Stop and Go

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Autos, Radfahrer, Fußgänger - das neue Verkehrskonzept für Zorneding soll allen gerecht werden, was allerdings ziemlich teuer werden könnte. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Zornedinger Verkehr soll in einer digitalen Simulation analysiert werden. Die Befürworter im Gemeinderat erhoffen sich bessere Planungsgrundlagen, Kritiker warnen vor den nicht unerheblichen Kosten

Von Franziska Bohn, Zorneding

Der Verkehr in der Gemeinde ist seit Jahren ein Dauerthema - nun liegt ein konkreter Ansatz auf dem Tisch, wie sich dieser in einem ersten Schritt erfassen lassen könnte: mit einer digitalen Verkehrsflusssimulation, über die sich der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung weiter kontrovers streiten dürfte. Konkret müsste der Verkehr auf verschiedene Arten gegliedert werden, wie Verkehrsplaner Harald Spath kürzlich im Bauausschuss erläuterte: mit reinem Durchgangsverkehr, Quell-Ziel-Verkehr von oder nach Zorneding und Binnenverkehr innerhalb der Gemeinde. Danach sollen die Zornedinger Bürger gefragt sein: Sie sollen Auskunft zu ihrem Verkehrsverhalten geben. An sieben Stellen in der Gemeinde sollen Autofahrer gezählt und befragt werden.

Auch sollen Haushalte zur Ermittlung des Binnenverkehrs befragt werden. Dabei würden alle Verkehrsteilnehmer eine Rolle spielen, auch Fahrradfahrer und Fußgänger. Dafür sollen die Bewohner einen Fragebogen ausfüllen und jeden Weg angeben, den sie zurückgelegt haben. Die Bürger können dabei auch zu Wort kommen: "Man könnte beispielsweise fragen, ob die Bürger mit den Fahrradwegen zufrieden sind", erklärte Spath. Zudem sollen an etwa 20 Stellen im Gemeindebereich an den wichtigsten Knotenpunkten Kameras aufgestellt werden. Gesichter und Kennzeichen werden dabei nicht erkennbar sein, versicherte Spath: "Alles datenschutzgerecht." Dadurch könne Tag- und Nachtverkehr verglichen werden, auch Lärmwerte könnten miteinbezogen werden.

Diese Daten würden zu einem digitalen Verkehrsmodel visualisiert und makroskopisch bewertet. So könnte man die genauen Auswirkungen von Maßnahmen wie Tempolimit, Umgehungsstraßen oder Einbahnstraßen simulieren. Des Weiteren könne in einem mikroskopischen Verkehrsmodell in Echtzeit gezeigt werden, welche Auswirkungen Ampeln oder Knotenumbauten wie ein Kreisverkehr, haben. "Dabei kann man sich mit einzelnen Fahrzeugen und Fußgängern beschäftigen", erklärte Spath. Eines ist dabei laut Spath besonders wichtig: "Dafür ist auch Beteiligung der Bevölkerung notwendig." Bürger könnten sich etwa durch Workshops, Veranstaltungen und Online-Karten beteiligen.

Auch wäre es möglich, Fahrradstrecken abzufahren und dabei genau anzuschauen. Oder man könnte gemeinsam mit Menschen mit Behinderung Busstrecken abfahren, um besser auf ihre Bedürfnisse eingehen zu können. Anhand dieser Daten könne dann ein Umsetzungskonzept für Maßnahmen zu Schulverkehr, Verkehrssicherheit, ruhendem Verkehr oder Fahrradwegen erstellt werden.

Die Freien Wähler hatten im Mai eine Verkehrserhebung gefordert, die nach längerer Debatte zurück in den Ausschuss gewandert war. Ein Knackpunkt sind die Kosten von etwa 75 000 Euro allein in der ersten, etwa anderthalbjährigen Phase. Ein Detail, das auch im Ausschuss nicht allen Gemeinderäten gefiel. Zum Beispiel Christian Krumpholz. Der Christsoziale befürchtet "immer gleiche Zahlen", man könne nichts Neues erfahren, für ihn sei das Konzept keine große Lösung und viel zu teuer.

Mit-Antragsteller Wilhelm Ficker hingegen verteidigte den Vorstoß: "Das ist nicht nur eine Ist-Aufnahme, sondern eine Datenbasis, die man auch in fünf Jahren noch verwenden kann", so der Freie Wähler. Auch Spath bestätigte, man könne die Daten laufend erneuern und gegebenenfalls durch weitere Verkehrszählungen aktualisieren. Unterstützung gab es auch von der SPD und den Grünen. Wirklich Geld sparen würde man nur, wenn man gar nichts macht, "aber das will ja keiner", argumentierte Stephan Raabe (SPD). Moritz Dietz (Grüne) appellierte, die "Bürger und ihr Probleme ernst zu nehmen", dazu brauche man verlässliche Zahlen. "Vielleicht ist alles bis jetzt gescheitert, weil genau diese Zahlen nicht vorlagen", mutmaßte Dietz weiter. Anders sah das sein Fraktionskollege Vincent Kalnin. "Wie machen wir weiter?", fragte er skeptisch. Eine Frage, die sich wohl jeder stellen dürfte: Das Thema dürfte wohl noch einige Volten drehen, bis man sich in der stets sparsamen Gemeinde einig wird.

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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