Brachfläche in Kirchseeoner Ortsmitte:Der unendlichen Geschichte nächster Teil

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Bürgermeister Jan Paeplow erwartet Fortschritte bei der Umnutzung des ehemaligen Bahnschwellenwerkes - wie viele vor ihm

Von Wieland Bögel, Kirchseeon

Darauf, dass was lange währt irgendwann gut wird, wartet man in der Marktgemeinde schon sehr lange. 30 Jahre um genau zu sein, denn damals begannen die Altlasten-Untersuchungen auf dem ehemaligen Bahnschwellenwerk. Mit dem Ergebnis, dass das rund 20 Hektar große Areal derart belastet ist, dass es seit 1992 gar nicht mehr betreten werden darf. Möglicherweise könnte sich dies aber in absehbarer Zeit ändern: Bürgermeister Jan Paeplow (CSU) gab nun im Gemeinderat bekannt, "es kommt Bewegung ins Spiel".

Hintergrund ist, dass sich der Bürgermeister und die Vertreter der Eigentümer des Grundstücks, die Fiat-Tochter Effe-Grundbesitzgesellschaft, vor Kurzem getroffen und über die Zukunft des Areals gesprochen haben. Wie Paeplow auf Nachfrage erklärt, habe er den Termin vorgeschlagen, um sich als neuer Bürgermeister der Marktgemeinde vorzustellen und über mögliche Fortschritte für Kirchseeons brachliegende Mitte zu informieren. Die es offenbar gibt, "ich bin vorsichtig optimistisch", sagt der Bürgermeister. Denn die Eigentümer seien offenbar daran interessiert, dass etwas vorangeht. "Es gibt weit fortgeschrittene Planungen", so Paeplow, was konkret auf dem Gelände entstehen kann und soll, wollen Gemeinde und Eigentümer bei einem weiteren Treffen Ende des Jahres besprechen.

Die Vorsicht, mit der Paeplow seinen Optimismus versieht, hat einen guten Grund. Denn seit drei Jahrzehnten sind sämtliche Ideen und Pläne für das ehemalige Industriegelände gescheitert. Dort hatte im Jahr 1869 die Königlich-Bayerische Staatsbahn eine für die damalige Zeit sehr innovative Produktionsstätte aufgebaut. In der Fabrik wurden Bahnschwellen mit einem speziellen Verfahren wetterfest gemacht. Allerdings mit einer Nebenwirkung: Die Reste der dabei verwendeten Teeröle tropften von den Schwellen in den Untergrund und belasten bis heute das Grundwasser. Nachdem die Bahn von höchsten Gerichten zur Altlastenbeseitigung verpflichtet wurde, ging 2005 eine Pumpstation in Betrieb, die das belastete Wasser aus dem Boden holt und filtert - laut Experten eine Maßnahme, die noch mindestens 200 Jahre lang nötig ist. Der am stärksten belastete Teil des Geländes wurde zwei Jahre später mit einem Betondeckel versiegelt, um weitere Ausschwemmungen der Giftstoffe zu verhindern.

Trotzdem gab es immer wieder Versuche, zumindest Teile des Geländes zu nutzen, welches schließlich - wären da nicht die Altlasten - eine Top-Lage ist: mitten im Ort, unmittelbar neben dem S-Bahnhof und nur einige Hundert Meter von der B 304 entfernt. Im Jahr 2004 hatte der Gemeinderat bereits einen Bebauungsplan aufgestellt. Zudem wurden von einer Grundstücksverwertungsgesellschaft verschiedene städtebauliche Konzepte erarbeitet. Allerdings fand sich am Ende kein Investor, der eines davon umsetzen wollte.

Knapp ein Jahrzehnt später schlug der Grafinger Bauunternehmer und damalige Landratskandidat Ernst Böhm vor, das belastete Erdreich abzutragen und die Grube gleich für die Bebauung zu nutzen. Seine Idee: eine dichte Wohnbebauung über einer großen Tiefgarage. Auch die mittlerweile in Grafing-Bahnhof geplante Berufsschule hätte auf dem Gelände des alten Bahnschwellenwerks entstehen sollen. Anfang 2014 sah es so aus, als ob es bald losgehen könnte: Ein Immobilienentwickler hatte Interesse angemeldet, es begannen Verhandlungen mit Gemeinde und Eigentümer - doch auch diesmal kam kein Ergebnis zustande.

Ebenso wenig wurden andere Vorschläge verwirklicht, aus dem Gelände etwas Sinnvolles zu machen. 2012 und 2018 scheiterten Versuche, einen Solarpark zu errichten, seit Ende 2019 gibt es Überlegungen, die Pumpstation mit einem Wärmetauscher zu ergänzen. Zumindest für dieses Vorhaben ist noch alles offen, die Bahn als Betreiberin der Anlage hat grundsätzlich Interesse signalisiert. Und vielleicht wird die Geothermie-Anlage in einigen Jahren ja ein neues Wohngebiet in der Kirchseeoner Ortsmitte heizen.

© SZ vom 18.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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