Bohren statt Beten:Macht dicht die Tür

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Viele Baustellen hatte Axel Kajnath zu betreuen, einige ganz wörtlich, wie hier den Umbau des Gemeindehauses vor drei Jahren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das evangelische Gemeindehaus in Grafing ist fast 45 Jahre alt - höchste Zeit für eine Renovierung. Das Gebäude soll für 500 000 Euro energieeffizient und barrierefrei werden.

Von Alexander Schumacher, Grafing

Für Pfarrer Axel Kajnath heißt es jetzt zupacken: Als er bei der Besichtigung der Baustelle rund um das Gemeindehaus eine hüfthohe Mauer überwinden muss, stützt er sich mit einer Hand auf, springt ohne zu zögern seitlich über die Mauer und landet federnd einen Meter tiefer im Gras. Nach eineinhalb Jahren Planung geht es nun los mit der Renovierung des Gemeindezentrums in Grafing. Kajnath ist zusammen mit drei weiteren Mitgliedern des Kirchenvorstands verantwortlich für das Bauprojekt, das insgesamt 500 000 Euro kosten und noch in diesem Sommer abgeschlossen sein soll. Nach der Sommerpause will die Gemeinde das erneuerte Haus pünktlich zum Erntedankfest offiziell eröffnen. Bis dahin weichen die Kirchen- und Chorgruppen teilweise in die Auferstehungskirche aus, andere kommen bei der katholischen Gemeinde unter.

Mit den Maßnahmen will die Gemeinde erreichen, dass das Gebäude energieeffizienter wird, es soll barrierefrei nutzbar und modern eingerichtet sein. Es ist die erste große Renovierung am Gemeindezentrum in der Glonner Straße, seit das Haus 1975 erbaut wurde. Für Kajnath ist es damit nicht mehr zeitgemäß: "Wenn ich mir die Gemeindehäuser im Landkreis anschaue, dann sind wir da weit unten im Ranking." Die Stimmung im weitgehend leergeräumten Sekretariat der Gemeinde unterstreicht diesen Eindruck: Die Fenster sind zum Schutz vor Asbeststaub bereits abgeklebt und lassen die Schrankwand aus dunklem Holz hinter Kajnath noch mehr nach den Siebzigerjahren aussehen.

Der Asbest fällt bei der ersten und aufwendigsten Phase der Bauarbeiten an. Dabei wird das Dach abgedeckt, mit einer neuen, effektiveren Isolierung versehen und neu eingedeckt. Auch moderne Heizungen und Fenster sollen für geringere Energieausgaben sorgen und das Gemeindeleben angenehmer machen. Die neuen Fenster zum Gemeindesaal reichen bis zum Boden und lassen mehr Sonnenlicht in den Raum; die restlichen Fenster werden moderner verglast. "Im Winter hat bisher die eine oder andere ihren Mantel auch im Gemeindesaal getragen", erzählt Kajnath. Der Raum mit der hohen Decke, den veralteten Heizungen und Fenstern ließ sich dann schlicht nicht ausreichend heizen.

Eine weitere Energiesparmaßnahme ist der Windfang aus Glas, den die Gemeinde an den Haupteingang ihres Hauses bauen lässt. "Bei Südwestwind weht es hier manchmal bis in den Gemeindesaal hinein", erklärt Pfarrer Kajnath. Durch die recht unkomplizierte Maßnahme sollen ebenfalls Heizkosten gesenkt werden. Eine fest installierte Rampe sorgt zudem dafür, dass Rollstuhlfahrer leichter ins Gebäude kommen.

Barrierefrei soll auch der Zugang zu den Toiletten im Gemeindezentrum werden. Bisher waren diese im Untergeschoss und nur über eine Wendeltreppe oder einen Umweg durch den Garten erreichbar. Abhilfe soll ein zweistöckiger Holzanbau zwischen Gemeindesaal und Pfarrhaus schaffen. Das Fenster gegenüber vom Haupteingang wird zur Tür vergrößert, der Anbau dahinter bietet im Erdgeschoss Platz für behindertengerechte Toiletten und im Untergeschoss Raum für ein Archiv.

Ein weiteres Ziel der Umbaupläne ist es, die Einrichtung im Gemeindehaus schöner und praktikabler machen. Die alten Möbel ließen sich nicht stapeln; die Gemeindegruppen mussten sie bislang jedes Mal aufwendig durch den Raum schieben, um den Saal an ihre Bedürfnisse anzupassen. "Das sieht hier oft aus wie in einem Möbellager", meint Axel Kajnath. Die sechs neuen Tische und zwanzig neuen Stühle sollen dagegen stapelbar sein. Für die Lagerung der Möbel wird einer der Büroräume geteilt und mit dem Gemeindesaal verbunden.

Der Linoleumboden im Gemeindesaal zeigt nach fast 45 Jahren auch deutliche Gebrauchsspuren. Die Handwerker ersetzen den Boden im Erdgeschoss durch Parkett; im Untergeschoss wird Linoleum für die etwas robusteren Ansprüche der Jugendräume ausgelegt. Da ist es nicht so schlimm, wenn an der neuen Küchenzeile mal etwas daneben geht.

Etwa 150 000 Euro schießt die evangelische Landeskirche für die Renovierung zu. Die restlichen 350 000 und etwaige Mehrkosten muss die Grafinger Kirchengemeinde aber selbst aufbringen. Zugute kommen ihnen dabei immerhin die derzeit niedrigen Zinsen. Pfarrer Kajnath ist deshalb zuversichtlich: "Wir trauen uns zu, dass wir ein Darlehen über die Jahre zurückzahlen könnten." In den vergangenen Jahren habe die Gemeinde ihren Haushalt immer positiv abgeschlossen. Doch Kajnath hofft auch auf Spenden von Kirchenmitgliedern und anderen Engagierten in Grafing: "Wir haben unsere Räume immer gerne und großzügig anderen zur Verfügung gestellt. Wir wollen auch weiterhin über die Kirche hinaus Teil des Lebens in der Stadt sein."

© SZ vom 22.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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