Besondere Schau zum Jubiläum:Zeitreise auf der Leinwand

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Der "Farbkreis" macht sich in einer Ausstellung auf die Suche nach Vaterstettens Vergangenheit

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Manche bekommen Karten zum Geburtstag - andere Gemälde, dafür muss es aber dann schon der 220. Ehrentag sein. Und ein solcher wird derzeit im Vaterstettener Rathaus gefeiert: Die Gemeinde wurde, damals noch unter ihrem Mädchennamen Parsdorf, vor 200 Jahren ebendort gegründet und seit 20 Jahren gibt es in Vaterstetten den Farbkreis, eine Gruppe Malbegeisterter, die auch das Rathaus schon des öfteren in einen etwas bunteren Ort verwandelt haben.

Was nun bei der Eröffnung der aktuellen Ausstellung auch Bürgermeister Georg Reitsberger würdigte. Durch die jüngsten Brandschutzsanierungen sei sein Dienstsitz leider "sehr nüchtern und öde geworden", bedauerte der Bürgermeister. Etwas Abwechslung tue daher gut: "Es ist sehr schön, wenn so viele Bilder zu bewundern sind." Die nicht nur zahlreich, sondern auch abwechslungsreich seien: Denn das sei das Besondere am Farbkreis, "die Künstler zeigen die Vielfalt der malerischen Möglichkeiten", für die man ihnen gerne einen Platz gebe: "Kunst braucht Raum, aber Raum braucht auch Kunst." Und die erstreckt sich derzeit im Rathaus vom Erdgeschoss bis in den zweiten Stock. Die nüchternen weißen Brandschutzwände geben dabei keinen ganz schlechten, weil neutralen Hintergrund ab. Die Kombination gefällt auch dem Bürgermeister: "Das Rathaus ist sicher ein schöner Rahmen."

Malerischer Blick zurück: Den Alten Bahnhof in Vaterstetten hat Traudi Schmeling auf Papier gebannt. (Foto: Christian Endt)

Besonders freuen kann sich der geschichtsbegeisterte Rathauschef über eine Ausstellung in der Ausstellung: Die Farbkreismitglieder haben nämlich eine Reihe von Bildern passend zum Gemeindegeburtstag geschaffen. Die Impressionen aus zwei Jahrhunderten sind teilweise der Fantasie der Künstler entsprungen, teilweise beruhen sie auf historischem Bildmaterial des Gemeindearchivs. So hat etwa Traudi Schmeling den alten Bahnhof von Vaterstetten wiederauferstehen lassen, als Momentaufnahme eines längst vergangenen Sommers, mit blühenden Blumenkästen vor den Fenstern und einem gemütlich in die Ferne blickenden Bahnwärter. Gleich ein ganzes Dorf mobilisiert hat Annemarie Engelhard, aus der alten Schwarzweißansicht eines Parsdorfer Hofes wurde eine Fronleichnamsprozession, eine Szene, wie man sie sich in dem Ort Anfang des vergangenen Jahrhunderts gut vorstellen kann. Der Hufschmied von Parsdorf wird im Bild von Renate Hirschbichler wieder lebendig. Neben der gemalten Historie zeigen die Farbkreismitglieder eine große Auswahl ihres Könnens - quer durch die Stile, Motive und Techniken. Von Porträts und Stillleben über Landschaftsbilder bis zu rein abstrakten Gemälden, ob als Aquarell, Collage oder in Acryl, es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt.

"Der Farbkreis wird immer besser", sagte daher auch Fritz Bayerlein, der die Künstler seit Jahren unterstützt, indem er ihnen ein Atelier zur Verfügung stellt. Weshalb ihn Annemarie Engelhard auch als "den Mäzen des Farbkreises" lobte, was Bayerlein aber zurückwies - er sei höchstens der Herbergsvater. Etwas ernster stimmte ihn der Blick auf den historischen Teil der aktuellen Ausstellung, auf Häuser, Höfe, die es längst nicht mehr gibt, oder solche, die es bald nicht mehr geben wird. Was bedeutet es wenn "viele neue Häuser und viele neue Menschen" in die Gemeinde kommen? Für Bayerlein eine Herausforderung für alle, die schon in Vaterstetten leben, "dass sich die Neubürger bei uns wohlfühlen - auch durch Veranstaltungen wie diese".

Gut besucht ist die Vernissage der Jubiläumsausstellung zum 20-jährigen Bestehen des "Farbkreises" im Vaterstettener Rathaus. (Foto: Christian Endt)

Auch ein weiterer Vaterstettener war dazu gerne gekommen, Landrat Robert Niedergesäß, der als Bürgermeister der Gemeinde "den Farbkreis zwölf Jahre begleiten durfte", wie er sagte. Tatsächlich "denke ich jeden Tag an den Farbkreis", bekannte Niedergesäß - er habe bei einer vorangegangenen Ausstellung im Rathaus nämlich ein Bild erworben, das seitdem bei ihm zuhause hänge. Seit er Landrat sei, "beobachte ich auch die internationale Kunstszene" und "auch in diesem Vergleich ist der Farbkreis etwas ganz Besonderes", das es hoffentlich noch lange gebe: "Alles Gute und viel Kreativität für ein neues Lebensjahrzehnt."

Die Ausstellung des "Farbkreis" im Foyer des Rathauses Vaterstetten, ist noch bis 22. November zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr, donnerstags außerdem von 14 bis 18 Uhr. An den Wochenenden ist von 10 bis 12 Uhr, sonntags auch von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

© SZ vom 29.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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