Besichtigung nach Vereinbarung möglich:Rathaus unter Wasser

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Cornelia Povel zeigt in der Ebersberger Galerie Bilder rund um das lebensspendende Element. Die Münchnerin, Tochter des Steinhöringers Otto von Feury, verbindet damit Hoffnung und Balance

Von Johanna Feckl

Die Hände kommen von oben. Orange züngelt um die gestreckten Finger herum; mal ist die Farbe kräftiger, mal blasser. Durch die unterschiedlichen Schattierungen wirkt das Orange brodelnd - wie Flammen. Aber paradoxerweise nicht bedrohlich. Eher wie ein Fantasiefeuer, eines, das einer wohlig-warmen Zudecke gleichkommt, in die man sich hineinkuschelt - und die Probleme, die einen jeden von Zeit zu Zeit plagen, erscheinen auf einmal gar nicht mehr so schlimm. Ein Feuer der Hoffnung, so könnte man vielleicht sagen. Unterhalb von diesem Orange und der nach unten gestreckten Hände erstreckt sich die Erdkugel, dunkel zeichnen sich die Kontinente von dem sie umschließenden Wasser ab. Man muss schon genau hinsehen, um zu erkennen, dass auch von dort unten, sozusagen aus den Kontinenten heraus, Hände mit gestreckten Fingern nach oben greifen. Sie versinken fast in dem Braun der Kontinente. Die Frage ist: Welche Hände sind hier die helfenden, und welche die rettenden?

Wasser - ein nicht zu unterschätzendes Mittel für ein ausgeglichenes und gesundes Leben. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Cornelia Povels Antwort fällt eindeutig aus: "Da sind so viele oben, die uns hier unten helfen wollen." Das Bild mit den Händen stammt aus dem Pinsel der Künstlerin. "Ich denke, dass wir mit unseren Ahnen verbunden sind und sie ruhig um Hilfe anrufen dürfen." Deshalb auch der Titel des Bildes: "Help from above" - Hilfe von oben. Es mag unkonventionell klingen, was die Münchnerin da erzählt. Das sagt sie auch selbst. Eine solche Sichtweise hätten die meisten Menschen verloren. Aber, so Povel, jemand Verstorbenen um Hilfe zu bitten, sei es die Großmutter oder ein Heiliger, "das ist doch hoffnungsvoll".

Hoffnungsvoll ist auch das Gemüt der 63-jährigen Autodidaktin geblieben, obwohl die Vernissage ihrer Ausstellung im Ebersberger Rathaus, wo auch das Bild mit den Händen zu sehen ist, abgesagt werden musste. Die Entwicklung der vergangenen Tage, die Corona-Pandemie und das Ausrufen des Katastrophenfalls in Bayern von Ministerpräsident Markus Söder machten die geplante Veranstaltung unmöglich. "Ich habe damit überhaupt kein Problem", sagt Povel. "Alles hat ja auch zwei Seiten und ich finde, das Thema Wasser passt doch perfekt zu dem, was aktuell auf der Welt passiert." Der Name ihrer Ausstellung, die auch ohne offizielle Vernissage im Rathaus zu sehen ist, lautet "Aqua Sana", das ist italienisch und bedeutet "heilendes Wasser". Es sei wichtig, dass der Mensch seine Balance finde und halte, sagt Povel. Gerade in Zeiten wie diesen, wo Stress, Sorge und Ungewissheit allgegenwärtig seien. Und da der menschliche Körper nun einmal zu 70 Prozent aus Wasser bestehe, sei ein Mittel zur Mitte: Wasser trinken.

Früher wollte Povel Kunst studieren. Ihr Vater Otto von Feury - ein Steinhöringer, in den 50er- bis 70er-Jahren Präsident des Bayerischen Bauernverbands und für zwölf Jahre stellvertretender Landrat in Ebersberg - war dagegen. So schlug sie nach einer Banklehre eine Karriere im Textilwesen ein. Die Kunst als ihre eigentliche Kraft, ihre Balance, fand sie erst wieder, als der erste ihrer drei Söhne vor 30 Jahren zur Welt kam. "Ab da habe ich täglich gemalt."

Die gut 30 Bilder der Ausstellung könnten sich mit dem Thema Wasser kaum unterschiedlicher befassen. Da gibt es etwa ein bekanntes Motiv des Ex-Profischwimmers Michael Phelps, das die Künstlerin gemalt hat: Frontal ist der Sportler dort zu sehen, Phelps bricht mit Kopf, Schulten und Oberarmen gerade aus der Wasseroberfläche empor, den Mund geöffnet. "Das gehört zur Idee der Atmung", erklärt Povel. Denn eine solche sei essenziell, Sportler, vor allem Schwimmer und Taucher, würden diese bis zur Perfektion beherrschen.

Es hängen da aber auch Bilder, die von viel Grün beherrscht werden wie jenes, auf dem ein Surfer und ein Delfin von Wasser umgeben sind - das Grün soll an Algen erinnern, die im Meer ihr Zuhause haben und für Povel eine starke Heilkraft besitzen. Und Weiß spielt ebenso eine Rolle, etwa in den Gemälden "Schnee I" und "Schnee II", die Wasser in einem festen Aggregatszustand zeigen: Schneebedeckte Berge, die durch ihre sanften Schattierungen und einen kaum merklichen Übergang hin zum Horizont eine unglaubliche Harmonie und Ruhe ausstrahlen.

Povel sind aber auch die übrigen vier Elemente der chinesischen Tradition wichtig: Holz, Feuer, Metall und Erde. Als die 63-Jährige vor 15 Jahren eine Krebsdiagnose erhielt, begann sie, sich mit Gesundheit und Ernährung intensiv zu beschäftigen. So kam sie auf die fünf Elemente der chinesischen Medizin. In ihren Bildern hält sie diese Auseinandersetzung fest. Malen ist für die Künstlerin immer eine Auseinandersetzung mit sich selbst. "Ich möchte eine Geschichte mitteilen, meine eigene Geschichte", sagt sie. Über einen Teil davon gibt nun das Ebersberger Rathaus Aufschluss - wenn man so will, ein Rathaus ganz unter Wasser.

Die Ausstellung "Aqua Sana" ist zu sehen im Ebersberger Rathaus nach Vereinbarung mit Stadtarchivarin Antje Berberich, a.berberich@ebersberg.de. Zusätzlich stellt Künstlerin Cornelia Povel jeden Tag eines der dort ausgestellten Bilder auf ihrem Instagram-Kanal "@artconny" vor.

© SZ vom 18.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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