Benefizkonzert in Grafing:Geige, Akkordeon und Plastikboot

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Mystische Szene: Martine Eisenreich und Andreas Hinterseher geben in Grafings evangelischer Kirche ein Benefizkonzert. (Foto: Matthias Ferdinand Döring)

Martina Eisenreich, Andreas Hinterseher und Wolfgang Lohmeier erzählen mit Musik Geschichten

Von Konstantin Schätz, Grafing

Der Schatten einer Frau legt sich über die heiligen Bilder. Ihr Gesicht, umrahmt von roten Locken, ist auf den Boden gerichtet, die Augen sind geschlossen. Rotes Licht und die Klänge eines Akkordeons zaubern aus dem Bild eine mystischen Szene. Als die Gestalt den Bogen in ihrer Hand an die Schulter führt, ist die Spannung am Höhepunkt. Nun mischt sich der sanfte Ton einer Geige unter die Klänge des Akkordeons. Zusammen malen sie ein Klanggemälde, das so plastisch wirkt wie die Szene eines Films. Das Lichtspiel an der Kirchenwand und der Enthusiasmus der beiden Musiker wirken magisch. Das wahre Bild entsteht aber im Kopf. Viele Zuhörer verfolgen die Musik der Geigerin Martina Eisenreich und des Akkordeonspielers Andreas Hinterseher daher mit geschlossenen Augen.

Mehr als 200 Menschen haben am Samstag diesem Duo beim Benefizkonzert in der Auferstehungskirche in Grafing gelauscht. Fast zwei Stunden lang verzauberten Eisenreich und Hinterseher ihre Zuhörer mit Filmmusik und Klanglandschaften. Neben bekannten Melodien wie dem Tango "La Cumparsita" oder dem Adagio aus "Spartacus" konnten sie vor allem mit eigenen Kompositionen begeistern. Martina Eisenreich nämlich ist für ihre Filmkompositionen bekannt, im vergangenen Jahr schreib sie die Musik zu einer besonderen Ausgabe des "Tatorts". Andreas Hinterseher kennt man vor allem durch sein künstlerisches Schaffen in dem Quartett Quadro Nuevo. Mit Anekdoten über seine vielen Weltreisen gelingt es ihm, das Publikum wunderbar auf die jeweiligen Musikstücke einzustimmen.

Unterstützt wird das Duo bei ein paar Liedern von Eisenreichs Ehemann Wolfgang Lohmeier. Der Percussionist begleitet Geige und Akkordeon mit einzigartigen Mitteln: Neben einer Herde aus Schlagzeugfellen und Glöckchen hat sich Lohmeier einige weitere besondere Utensilien zurechtgelegt, um das Klangbild zu vervollständigen. Einen Eierschneider etwa funktioniert er zu einer "Miniharfe" um, ein Schlagzeugbecken hat er spiralförmig zugeschnitten, so dass es der Schale eines Apfels gleicht. "Man kann auch sehen, dass mein Mann einen regen musikalischen Austausch mit unseren Kindern hat", sagt Martina Eisenreich, als sie ein Spielzeugboot aus Plastik in die Höhe hält. Das Motorengeräusch gefalle ihm, erklärt Lohmeier nach dem Konzert. Für den richtigen Klang gebe es schließlich keine Grenzen. Die Auswahl der Instrumente amüsiert das Publikum - doch das Resultat vermag zu begeistern.

Mit einer Flöte imitiert Lohmeier das Gezwitscher der Vögel, dann haucht er sanft ins Mikrofon - und schon pfeift scheinbar der Wind durch die Kirchenbänke. Das unregelmäßige Gebimmel einer Glocke lässt die Anwesenheit einer Schafherde vermuten, und als der Klangkünstler anfängt, auf eine Trommeln zu schlagen, fährt ein Wummern durch den Raum: Die Zuhörer werden mitten hinein in eine Verfolgungsjagd versetzt. Man spürt die Reifen, die über eine kaputte Straßen jagen. Die Melodien von Akkordeon und Geige untermalen das Szenario - eine vertonte Geschichte über ein Abenteuer im Koziakas-Gebirge in Griechenland. Hinterseher hatte versucht, sich die Glocke eines kleinen Schäfleins zu leihen. "Der Hirte hielt das für keine gute Idee", erzählt der Akkordeonspieler. Mit der kleinen Glocke in der Hand lief er also den Berg hinab, sprang in sein Auto und floh.

Zugute kommt das Benefizkonzert "Plan International", einem Verein, der Kinder in Not - vor allem in der dritten Welt - unterstützt. Normalerweise beschränke sich dessen Aktionsgruppe in Grafing auf den Verkauf von Kuchen oder organisiere Stände am Christkindlmarkt, erklärt Monika Klüg. Sie hat die Organisation des Konzerts unter der Leitung von Irmgard Reis unterstützt. "Ich bin wirklich sehr stolz, wie der Abend und die ganzen Vorbereitungen gelaufen sind", sagt sie nach dem Konzert. Der evangelische Pfarrer Axel Kajnath hat Plan International die Kirche zur Verfügung gestellt.

Immer wieder sieht man die nackten Füße von Martina Eisenreich unter ihrem langen, schwarzen Kleid, als sie sich zu ihrem Geigenspiel bewegt. Sie ziehe die Schuhe immer aus, wenn sie an einem Ort "ankommen" wolle, erklärt sie. Ihre Augen sind geschlossen. Ihre Hände fliegen über das Griffbrett. Als das Lied zu Ende ist, bedankt sie sich für das "schöne Geräusch": den Applaus.

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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