Um so etwas Schönes wie die fabelhafte Komposition über die Abenteuer des braven Ritters Bajaja von Václav Trojan zu hören, begibt man sich schon mal freiwillig in die Fänge eines Drachen; oder in den Zornedinger Martinstadl, wo am Sonntag beim Kammermusikzyklus des Kulturvereins das traditionsreiche Tschechische Nonett seinem Publikum Musik von Louis Spohr, Antonín Dvořák und eben Trojan präsentiert hat.
Trojans "Nonetto favoloso", 1977 entstanden, war eine Auftragsarbeit für das außergewöhnlich besetzte Ensemble. Der Bühnen- und Filmmusikkomponist hatte die Musik ursprünglich für einen Puppenfilm geschrieben - nach einem Märchen über die tschechische Legende um den Ritter Bajaja, der eine Prinzessin aus der Gewalt des Drachen rettet. Für das Nonett schuf Trojan eine Fassung in sechs kurzen Sätzen, die diese Geschichte erzählen.
Im Takt eines Schreittanzes entführt Trojan die Zuhörer zunächst in das höfische Zeremoniell eines Schlosses; er erzeugt Bilder von der Abreise des Prinzen mit antrabenden Pferden und Glöckchengebimmel. Dann lässt der Komponist den Ritter in der Stimme des sanft schmeichelnden Fagotts ein zu Herzen gehendes Lied singen. Den Kampf mit dem bösen Vieh inszeniert er als atonales Bratschen-Vibrato mit Bass-Donner. Dazu knistert im Saal hörbar ein Bonbonpapier - das ist zwar vom Komponisten nicht vorgesehen, passt aber ganz gut, denn auch die Spannung steigt, bis das Untier endlich besiegt ist. Was Trojan schließlich mit einem an den "Bolero" von Maurice Ravel erinnernden Satz feiert. Den unverwechselbaren Takt schlägt der Bratschist mit einem Stöckchen. Einfach großartig und charmant, dieses nahezu unbekannte Werk. Großartig auch, wie das Nonett die Klangmalerei luftig auskostet, wie Bläser und Streicher die Szenen farbig ausmalen.
Die Geschichte des Tschechischen Nonetts reicht zurück bis zum Jahr 1924. Mittlerweile umfasst das Repertoire des Ensembles mehr als 300 Werke, bedeutende Auszeichnungen begleiten dessen Weg auf die Podien der ganzen Welt. In der Zornedinger Besetzung spielen Romana Zieglerová, Violine, Vladimir Kroupa, Viola, Simona Hečova, Violoncello, David Pavelka, Kontrabass, Andrea Rysova, Flöte (stellvertretend für den erkrankten Jiri Skuhra), Vladislav Borovka, Oboe, Ales Hustoles, Klarinette, Pavel Langpaul, Fagott, und Jiri Spacek, Horn.
Es ist also fast ein Orchester, das sich kammermusikalisch untereinander verständigen muss, wobei die Geigerin eine Führungsrolle einnimmt. Zum Aufwärmen am winterkalten Abend spielen sie das Nonett in F-Dur von Louis Spohr. Die Oboe hat darin einen grandiosen Auftritt im Finale, auch andere dürfen solistisch glänzen. Der Komponist wollte, dass alle Instrumente zu ihrem Recht kommen. Doch obwohl tadellos musiziert, weckt dieses Pionierwerk der Gattung nicht allzu viel Begeisterung.
Anders die zuletzt gespielte Serenade in d-Moll von Dvořák. Die Serenade verbindet man meist mit einer an warmen Sommerabenden im Freien zu spielenden Musik, gefühlvoll, verträumt und ohne Schwere. Auch Dvořák hatte etwas übrig für diese zu seiner Zeit rückwärts gewandte Form der leichten Muse und schrieb, inspiriert von Mozarts Bläserserenade "Gran Partita", eine Serenade für zehn Bläser, ergänzt von Cello und Kontrabass. František Hertl hat daraus eine Bearbeitung für Nonett geschaffen. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Tradition des Einzugs der Musiker zu Marschklängen beherzigte Dvořák in seinem ersten Satz, "Moderato, quasi marcia", und wieder am Ende, zu deren Auszug.
In den vier Sätzen klingen Melodien und Tänze der böhmischen Volksmusik an, im zweiten Satz möchte man gar tanzen, mal im Menuett-Tempo, mal presto im rhythmischen Wechsel zwischen Zweier- und Dreiertakt. Das Werk enthält alles, was man liebt an Dvořáks Musik: Satte Bläserkantilenen und -fanfaren, Dorfmusik, romantisches Sehnen und melodisches Strömen, das in ein furioses Finale mündet. Das Tschechische Nonett steigert sich hier zu höchstem gesanglichen Ausdruck, perfekter Übereinstimmung und klangseligem Vortrag.
Nach lang anhaltendem Applaus erzeugt die Zugabe Heiterkeit. Es ist das berühmte Menuett von Luigi Boccherini, das es auch in der Bearbeitung als Schlager der Comedian Harmonists gibt. Allerdings: Ins Kino will wohl nach diesem musikalischen Genuss keiner mehr.