Behördengänge:Kürzere Wege für Flüchtlinge

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Um die Versorgung von Asylbewerbern zu erleichtern und um die ehrenamtlichen Helfer zu entlasten, soll es von Januar an Außenstellen der Kreisbehörde in den Kommunen geben.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Von Beginn des kommenden Jahres an sollen Behördengänge für Asylbewerber und ihre ehrenamtlichen Betreuer einfacher werden. Das Landratsamt plant, von Januar an mehrere Außenstellen einzurichten, an die sich die Flüchtlinge wenden können. Zunächst wolle man "mit ein oder zwei Modellkommunen starten", sagt Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales im Landratsamt. Welche Gemeinden das sind, soll auf der kommenden Bürgermeisterdienstbesprechung entschieden werden, sicher ist aber bereits, dass es sich um eine Kommune im Norden des Landkreises handeln wird.

Denn von dort kamen bereits konkrete Angebote, sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU), die Rathauschefs aus Anzing, Pliening, Poing und Markt Schwaben hätten ihre Gemeinde für eine Außenstelle ins Gespräch gebracht. Was wohl daran liegt, dass die Organisation von Behördengängen für Asylbewerber aus dem nördlichen Landkreis derzeit noch besonders umständlich ist. Denn bislang ist es so, dass die Flüchtlinge für jeden Verwaltungsvorgang persönlich im Landratsamt in Ebersberg erscheinen müssen. Da Asylbewerber in der Regel kein Konto hierzulande haben, werden auch sämtliche Geldleistungen den Asylbewerbern nur persönlich im Landratsamt ausbezahlt. Sogar vor dem Besuch beim Arzt steht ein Besuch in der Behörde in Ebersberg an: Auch Krankenscheine gibt es nur bei persönlichem Erscheinen im Landratsamt.

Dies ist sowohl für die Asylbewerber selbst sehr umständlich, aber auch für die ehrenamtlichen Helfer. Diese organisieren derzeit Fahrdienste für Flüchtlinge zwischen deren Wohnorten und dem Landratsamt. Besonders aus dem nördlichen Landkreis sind die Verbindungen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln Richtung Ebersberg wenig benutzerfreundlich. Und es gibt noch ein weiteres Problem: eine Fahrkarte in die Kreisstadt kostet Geld, welches aber erst im Ebersberger Landratsamt abgeholt werden muss - wofür man wiederum eine Fahrkarte braucht. Seitens der ehrenamtlichen Helfer wurde daher bereits im Sommer angeregt, das Landratsamt solle einen Außenposten im nördlichen Landkreis einrichten, von wo aus die Flüchtlinge dann betreut werden könnten. Bereits damals wurden jene vier Gemeinden vorgeschlagen, die nun auch der Landrat genannt hat.

In diesen Kommunen leben derzeit noch 288 der 1030 Asylbewerber im Landkreis, mit 185 sind die meisten in Markt Schwaben untergebracht. Allerdings dürfte die Zahl der Flüchtlinge im Landkreisnorden bald erheblich steigen. In Poing und Pliening sind Traglufthallen mit jeweils 300 Plätzen geplant, eine neue Containeranlage in Poing könnte 50 Menschen beherbergen, genau so viele sollen in einem umgebauten Bürogebäude in Pliening unterkommen und noch einmal 30 Personen könnten in eine Pension in der Gemeinde einziehen. In Anzing gibt es außerdem ein Grundstück, auf dem eine Unterkunft für 100 Bewohner entstehen könnte und in Hohenlinden steht der Umbau eines Einfamilienhauses in eine Unterkunft für 25 Bewohner an. Würden alle diese Vorhaben umgesetzt, würden also bis zu 1143 Asylbewerber in den nördlichen Landkreisgemeinden wohnen, und weitere Unterkünfte zwischen Pliening und Hohenlinden sind nicht ausgeschlossen.

Daher "halten wir im Landratsamt eine Dependance für sinnvoll", sagt Niedergesäß. Voraussetzung dafür, dass das Landratsamt die Asylbewerber in einer Außenstelle betreuen kann, ist die Mithilfe der Gemeinden, erklärt Geisler. Denn zwar würde die Arbeit von Mitarbeitern des Landratsamtes gemacht, die Gemeinden müssten diesen aber geeignete Räume zur Verfügung stellen, idealerweise ein Büro im jeweiligen Rathaus. "Das wäre eine rein freiwillige Leistung der Gemeinden", sagt Geisler, "wir können sie nicht dazu zwingen." Ebenfalls nötig wäre eine Einbeziehung der Gemeindekassen, über diese würde dann die Auszahlung der Geldleistungen an die Flüchtlinge abgewickelt. Wie viele solche Außenstellen es letztlich geben werde, ist noch nicht sicher. Wenn sich die Dependancen bewähren, kann man sich im Landratsamt diese auch in anderen Kommunen vorstellen, wo besonders viele Flüchtlinge leben. Etwa in den drei Gemeinden im westlichen Landkreis: Derzeit leben in Vaterstetten 96, in Zorneding 49 und in Kirchseeon 173 Asylbewerber. Laut Planung könnten bald 75 zusätzliche Plätze in Zorneding und bis zu 500 weitere in Vaterstetten dazukommen.

Neben den Außenstellen will man die Ehrenamtlichen auch durch ein neues Beratungsangebot entlasten. Zum Jahresbeginn 2016 wird die neue Koordinationsstelle "Ehrenamt und Asyl" im Landratsamt ihren Betrieb aufnehmen. Auf Unterstützung des Freistaates, der ein Förderprogramm für solche Angebote aufgelegt hat, kann der Landkreis aber nicht zählen. Wie kürzlich im Kreis- und Strategieausschuss mitgeteilt wurde, hat das Sozialministerium einen Antrag des Landkreises Ebersberg auf entsprechende Mittel abgelehnt.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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