Wohl eines der berühmtesten Werke der Musikgeschichte war am Sonntag auf Gut Sonnenhausen zu hören: Ludwig van Beethovens Fünfte Sinfonie, gespielt vom Münchner Ärzteorchester unter der Leitung von Miriam Haupt aus Moosach.
Spannend ist das Werk nicht nur musikalisch, sondern auch vor seinem geschichtlichen Hintergrund: Beethoven, ein politischer Mensch, stellte die Sinfonie 1808 fertig, kurz nachdem sich Napoleon selbst zum französischen Kaiser ernannt hatte. "Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten", soll der Komponist dies kommentiert haben. Jedenfalls gibt es Mutmaßungen darüber, dass Beethoven mit seiner Fünften, der "Schicksalssinfonie", ein Gegenstück zu seiner das Heldentum noch verehrenden Dritten Sinfonie, der "Eroica", schaffen wollte. Nicht umsonst gab Beethoven ihr den Beinamen "in tyrannos" - "gegen die Tyrannen". Auch wenn das Werk natürlich keine politische Bekenntnismusik im direkten Sinn ist, darf die Fünfte Sinfonie durchaus als Aufbegehren gegen Ungerechtigkeit verstanden werden. Der Freiheitsgedanke ist in Beethovens Oeuvre ohnehin elementar.
Neben der Sinfonie in der schicksalhaft-tragischen Tonart c-moll boten die musizierenden Ärzte die "Coriolan"-Ouvertüre, ursprünglich zu einer Schauspielmusik zum gleichnamigen Drama von Heinrich Joseph von Collin verfasst, die jedoch schnell einen eigenständigen Weg in die Konzertsäle fand. Auch in diesem Drama geht es um einen Tyrannen: Der römische Adelige Coriolan führt Krieg gegen sein eigenes Volk und wird schließlich von der Mutter und seiner Ehefrau zur Aufgabe und damit zum Selbstmord bewegt. "Die letzten drei Pizzicati", erklärte die Dirigentin, "sind die letzten drei Herzschläge von Coriolan". Ein mächtiges und zugleich sehr klassisches Programm haben sich die Mediziner da ausgesucht und es mit Bravour gemeistert.
Das Münchner Ärzteorchester wurde 2006 gegründet und wird seit 2015 von der in Moosach lebenden Miriam Haupt geleitet. Engagierte Laienmusiker spielen hier auf wahrlich hohem Niveau. Ihr fast ausverkauftes Benefizkonzert zugunsten von "Ärzte ohne Grenzen" in der Reithalle von Gut Sonnenhausen fand beim Publikum großen Anklang, so sehr, dass die Dirigentin zum Abschluss noch einmal den Taktstock ergriff und zur Freude aller Brahms ersten Ungarischen Tanz als Zugabe erklingen ließ.
Doch vorher, zwischen Beethoven und Beethoven, wurde noch ein anderes Werk gespielt: Gottfried Sirotek, Oboist und Englischhornist an der Bayerischen Staatsoper, musizierte gemeinsam mit den Medizinern Joseph Haydns Konzert für Oboe in C-Dur. Allerdings galt es, vor der Aufführung etwas richtig zu stellen: Das Werk stammt nämlich gar nicht von Haydn, wie die Dirigentin verriet, sondern ist ein gekonnt im Stille Haydns verfasstes Plagiat. Wer es wirklich komponiert hat, ist unbekannt. Es war wohl so, dass der Name Haydn schon zu dessen Lebzeiten ein Garant für die Verlegung eines Werkes war. Diesen Marketingtrick hatte sich offenbar ein Zeitgenosse zu eigen gemacht.
Gleichwohl, es ist ein meisterhaftes Stück, Sirotek musizierte brillant und das Orchester begleitete die heitere Komposition sehr einfühlsam. Warum diese Musik so beschwingt ist? Vielleicht, weil Haydns Honorar neben monetären Mitteln stets auch in Wein bestand. 800 Liter des Rebensafts soll er jährlich erhalten haben, erzählte Haupt und kam erneut auf Beethoven zu sprechen, der wohl auch viel Wein trank, nur leider war darin Bleizucker enthalten, was schließlich zu seiner Taubheit führte. Miriam Haupt übrigens hat in München Musikpädagogik, Musikwissenschaft und Dirigieren studiert und ist Chorleiterin und Dirigentin verschiedener Ensembles. Sie arbeitet zudem als Coach für Stimme und Kommunikation mit Führungskräften in der Wirtschaft.