Bahnhof Zorneding:Lifte und Rampen sind zu teuer

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Die Bahn behauptet zwar, dass der Bahnhof barrierefrei ist - und bringt dann solche Schilder an. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gemeinderat will den barrierefreien Ausbau der S-Bahn-Station nicht weiterverfolgen, denn dies würde bis zu siebeneinhalb Millionen Euro kosten

Von Carolin Fries, Zorneding

Nun also lagen die lang ersehnten Zahlen auf dem Tisch - und zerstörten sämtliche Illusionen: Ein barrierefreier Ausbau des Mittelbahnsteigs würde die Gemeinde Zorneding zwischen vier und siebeneinhalb Millionen Euro kosten, hinzu kämen jährliche Unterhaltskosten von mindestens 100 000 Euro für die Aufzüge. Egal wie der mit einer Machbarkeitsstudie beauftragte Ingenieur die Rampen und Lifte am vergangenen Donnerstagabend dem Gemeinderat auch hinpuzzelte - die hohen Kosten führten recht schnell dazu, dass über Alternativen beraten wurde, wie die aktuelle Situation mit geringfügigem finanziellen Aufwand verbessert werden kann.

Die Machbarkeitsstudie kam zu vier Varianten, die im Baukastensystem variabel ergänzt oder abgespeckt werden können. Die mit vier Millionen Euro am günstigsten kalkulierte Variante sieht einen Lift zum Mittelbahnsteig aus der bestehenden Unterführung vor und zwar auf Kosten einer der Treppen. Zugänge zur Unterführung würden sowohl auf der Zornedinger als auch auf der Pöringer Seite über Lifte erfolgen - in Zorneding müsste man dafür den Treppenzugang versetzen, in Pöring würde dieser über eine Rampe parallel zum Treppenaufgang erfolgen. Die folgenden drei Varianten spielten eine Überführung, sowie diverse zum Teil mehrere hundert Meter lange Rampen mit Zwischenpodesten durch. Stets lagen die kalkulierten Kosten bei mehr als sieben Millionen Euro. Vermutlich würden die Kosten sogar noch steigen, denn eine Überdachung der Rampen sei unumgänglich, wie Werner Hintze (SPD) und Peter Pernsteiner (FDP) sagten. Pernsteiner zeigte sich enttäuscht, dass eine 100-prozentige Barrierefreiheit nach den bis 2022 geforderten Richtlinien im Personenbeförderungsgesetz ohnehin nicht erreicht werden kann, weil die Bahn dazu ihrerseits bauliche Maßnahmen ergreifen müsste. So sei etwa der Bahnsteig zu schmal und der Abstand von der Bahnhofskante zum Zug zu groß: "Das wäre also nichts Ganzes und nichts Halbes", merkte Pernsteiner an.

Für die Deutsche Bahn gilt der Zornedinger Bahnhof als barrierefrei nach den damals und heute geltenden Standards, weil er über eine Rampe am westlichen Ende erreichbar ist. Dass diese Rampe 172 Meter lang ist, bei einer Steigung von sechs Prozent keine Zwischenpodeste hat und zum Großteil nicht überdacht - also im Winter vereist - ist, spielt dabei keine Rolle. Die Bahn beharrt darauf, zunächst einmal die Bahnhöfe ausbauen zu wollen, die noch über keinen stufenfreien Zugang verfügen. In Zorneding "wäre ein weiterer Ausbau daher nur durch Finanzierung eines Dritten denkbar" heißt es in einem Schreiben an den Verein "das Alter erleben in Zorneding", das sich mit der Bitte um einen barrierefreien Ausbau an Bahnchef Rüdiger Grube gewandt hat.

Der Dritte könnte die Gemeinde Zorneding sein, die sich allerdings finanziell überfordert sieht. "Wir können das schon machen, aber dann müssen wir anderes streichen", sagte Johann Haindl (CSU). Zudem sei der Personenkreis derer, die von der Barrierefreiheit profitieren, doch eher gering. Ins gleiche Horn stieß Ferdinand Glasl (CSU), Hotelinhaber aus Zorneding. Seine Gäste würden regelmäßig von der Rampe schwärmen. Er nannte die Diskussion aufgebauscht, man könne sich doch einfach gegenseitig helfen. "Ich jedenfalls kriege Bauchweh, wenn ich daran denke, der Bahn vier Millionen Euro zu schenken." Werner Hintze (SPD) widersprach. Viele Zornedinger hätten Probleme am Bahnhof: Familien mit Kinderwagen, Senioren, Menschen mit Behinderung. Er stellte den Antrag, eine Entscheidung drei Monate zurückzustellen, offene Fragen zu klären und finanzielle Mittel in das Investitionsprogramm aufzunehmen. Doch die Mehrheit entschied sich dafür, den barrierefreien Ausbau nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen will man Alternativen wie elektrische Rollstühle an den Rampen oder ein Ruftaxi mit Begleitservice prüfen.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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