Bahncard, Tagesticket, Wechselgeld:Das Einmaleins der Automatenkunde

Lesezeit: 2 min

Großer Andrang: Nachdem es in Grafing Bahnhof keine Verkaufsstelle für Fahrscheine mehr gibt, wollen Senioren die Bedienung des Automaten erlernen. (Foto: Christian Endt)

In einem Workshop lernen Senioren, den Fahrkartenschalter der Bahn zu benutzen

Von Amelie Hörger, Grafing

Vor den beiden Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn in Grafing Stadt hat sich eine Menschenmenge versammelt. Vor allem älteren Herrschaften sind vor Ort. Der Workshop, der an diesem Nachmittag am Bahnhof angeboten wird, soll Senioren einfach und leicht vermitteln, wie man ohne Hilfe am Automaten ein Ticket lösen kann. "Ich fahre immer nach Rosenheim oder München, um Beratung zu bekommen", klagt eine ältere Dame aus einer der hinteren Reihen und erntet dafür zustimmendes Nicken.

Dem versuchen Thomas Müller und Roger Werz vom DB Vertrieb Abhilfe zu schaffen. Er habe das schon häufig gemacht, die ältere Zielgruppe sei immer sehr dankbar für die Unterstützung, so Werz. Knapp 25 Teilnehmer stehen auf der Liste, sogar aus Zorneding und Kirchseeon sind Interessierte gekommen. "Wir haben mit so einer großen Resonanz nicht gerechnet", bemerkt Müller. Vielleicht müsse man auch über einen Folgetermin nachdenken, wenn die Nachfrage so groß sei.

Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne), die ebenfalls beim Treffen vorbeischaut, wusste jedoch durchaus "dass der Bedarf da ist". Dank Josef Koller, dem örtlichen Seniorenbeauftragten, der sich mit der Bahn in Verbindung gesetzt hat, kann nun das kleine Einmaleins der Automatenkunde erlernt werden. Denn seit es in Grafing Bahnhof keine Verkaufsstelle für Fahrscheine mehr gibt, fühlen sich viele Senioren verloren mit der Bedienung des Ticketautomaten.

"Wir wussten gar nicht, dass es so etwas gibt", sagt Obermayr über das Workshopangebot der Bahn. Koller habe sich dann glücklicherweise der Sache angenommen und den Termin organisiert.

Aufgrund der vielen Leute beschließen die Leiter des Workshops zunächst die Teilnehmer in zwei Gruppen zu unterteilen, für die einen geht es zum Theorieunterricht bei Roger Werz, die anderen dürfen unter Aufsicht von Thomas Müller schon Hand an den Automaten legen. Schnell wird klar, man wird einige Zeit beschäftigt sein, denn die Fragen gehen den Senioren nicht aus und decken ein breites Themenspektrum ab. Von der Bahncard, Wechselgeldrückgabe, Tagestickets bis zur Fahrt ins Zillertal, Werz versucht geduldig jede Frage zu beantworten.

Währendessen drückt sein Kollege vor einer Menschentraube auf das Display des Automaten. Nicht alle Teilnehmer können gut erkennen, was am Automaten vor sich geht und stellen sich auf die Zehenspitzen, um zumindest einen kleinen Blick zu erhaschen, andere machen sich ein wenig frustriert auf den Heimweg. Der Andrang ist halt doch zu groß, das merken auch einige Fahrgäste, die auf die Schnelle noch ein Ticket erwerben möchten. Da heißt es erst einmal, sich durch die Menge bis zum zweiten Automaten vorzukämpfen, um dann unter den wachsamen Augen des Seniorenkomitees sein Ticket zu lösen. So manche Frage bleibt unbeantwortet an diesem Nachmittag, doch die meisten Hindernisse können zumindest für einen Teil der Senioren aus dem Weg geräumt werden. Und auch wenn manchmal der Computer anders will als man selbst, so betont Fachtrainer Werz noch einmal Grundregel Nummer eins des Bahnfahrens: "Bitte steigen sie niemals ohne Fahrschein in die Bahn ein."

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: