Auszeichnung:Ein Geschenk für die Wissenschaft

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Große Ehre für Adalbert Mischlewski, hier beim Neujahrsempfang mit Bürgermeisterin Angelika Obermayr: Der 97-Jährige erhält die Ehrenmedaille des Departements Isére. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

An diesem Dienstag wird Adalbert Mischlewski 97 Jahre alt. Das Department Isére, zu dem auch Grafings Partnerstadt Saint Marcellin gehört, zeichnet ihn mit der Ehrenmedaille für seine Forschung zum Wirken des Antoniter-Ordens aus

Von Thorsten Rienth, Grafing

Er feiert an diesem Dienstag, 22. November, seinem 97. Geburtstag, aber ein richtiger Ruhestand ist seine Sache nicht. Und so kam der Grafinger Ehrenbürger Adalbert Mischlewski gerade einmal mehr vom Dreh- und Angelpunkt seiner jahrzehntelangen Forschungsarbeit zurück, dem Abbeye de St. Antoine, dem Mutterkloster des Antoniterordens. Mit im Gepäck hatte er die Ehrenmedaille des französischen Departements Isére, der Verwaltungseinheit, in der auch die Grafinger Partnerstadt St. Marcellin liegt.

"Das war eine unglaubliche Überraschung", erzählt Mischlewski. Weil sie mit Jean-Pierre Barbier der Präsident des Départements überreichte. Weil Auszeichnungen um die kirchliche Forschung im laizistischen Frankreich etwas außergewöhnlicher sind, als anderswo. Weil das Departement mit Ehrungen sparsam umgehe und weil es doch auch eine Aufwertung sämtlicher Forschungsarbeit rund um den Orden sei. Dessen Geschichte geht zurück bis ins 10. Jahrhundert. Aufgabe war die Pflege und Behandlung am Antoniusfeuer Erkrankter, einer im Mittelalter in Europa weit verbreiteten Krankheit, die durch den Verzehr von Mutterkorn hervorgerufen wurde. Was die Antoniter verband, war typisch für die Epoche - der Zusammenhang zwischen allgegenwärtiger Krankheitserfahrung und tiefer Heiligenverehrung. Das Faszinierende daran: "Er gibt unglaublich viele Anknüpfungspunkte zu vielen anderen Geschichtswissenschaften, etwa der Kirchen-, Seuchen-, Hospital- oder Diplomatiegeschichte."

Als Mischlewski in den 1950er Jahren mit der wissenschaftlichen Arbeit begann, war der Orden kaum erforscht. Mischlewski machte sich an die Grundlagenforschung. Nach und nach bildete sich ein kleiner Kreis von rund um den Globus verteilten Wissenschaftlern um ihn, die sämtliche Facetten des Ordens untersuchten, Wechselwirkungen mit anderen Orden und Akteuren der Sozialgeschichte herausarbeiten oder ihn in eine Art prä-europäischen Kontext einordneten.

Auf welcher Detailebene inzwischen gearbeitet wird, zeigt ein Blick auf die Schwerpunkte, die Geraldine Mocellin, die Leiterin des Départementmuseums, bei den diesjährigen Studientagen setzte: Die Bedeutung der Symmetrie für die Akustik in der gotischen Baukunst, die Dimensionen der Lichteinwirkung durch Glasfenster oder den an der Geschichte der Reliquien orientierte Festkalender der Antoniter - der sich dadurch deutlich vom allgemeinen Festkalender unterscheidet.

Während die Studientage an ausgewiesenes Fachpublikum adressiert sind, richtet sich das an das Départementmuseum angeschlossene Ordensmuseum an die Öffentlichkeit. Ihm falle auf, dass das Département bereit sei, hier ordentlich Geld zu investieren, erzählt Mischlewski. Aus seiner Sicht ein richtiger Ansatz. "Ganz gleich, ob Museum, Theater oder Konzertsaal - man darf doch von Kultur nicht verlangen, dass sie schwarze Zahlen schreibt. Kultur ist ja immer auch Ausdruck der besten Seite der Volksseele." Die Einladung für die Studientage im nächsten Sommer hat Mischlewski bereits. Und er plane auch zu kommen, "so Gott will".

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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