Ausstellung "Weites Feld":Gesichter und Geschichten

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Die Teilnehmerinnen des Malworkshops von Gisela Heide (von links): Dagmar Scott, Gabriele Schall, Gisela Ringseisen, Christine Gottwald, Karin Hentschel und Gisela Heide. (Foto: Christian Endt)

Die Ausstellung von Schülerinnen der Malerin Gisela Heide in der Glonner Klosterschule umfasst eine sehenswerte Vielfalt bildnerischen Schaffens

Von Rita Baedeker, Glonn

"Weites Feld" lautet der Titel einer sehenswerten Ausstellung, die an diesem Donnerstag in der Alten Glonner Klosterschule eröffnet wird. Und das trifft die Sache ziemlich genau. Denn bei einem Rundgang wird klar, dass der vor allem aus Theodor Fontanes Novelle "Effi Briest" bekannte Ausdruck "weites Feld" auch hier als Metapher für etwas schwer zu Fassendes und für eine ungeheure Vielfalt steht.

Die Ausstellung bietet einen Einblick in das Schaffen von sieben Malerinnen aus Grafing, Moosach, Herrmannsdorf und München. Die Künstlerinnen verbindet nur der seit mehr als zehn Jahren regelmäßig stattfindende Workshop der Moosacher Malerin Gisela Heide. "Ich gebe kein Thema vor, keine Technik, sondern begleite jede Frau auf ihrem eigenen Weg, damit sie für ihr Thema einen bestmöglichen Ausdruck findet", sagt Heide.

Es werden Arbeiten zu sehr unterschiedlichen Themen und in verschiedenen Techniken gezeigt: Karin Hentschel aus Grafing hat "ihre Lieben" porträtiert, Mann, Sohn, Tochter, Enkel. Jedes einzelne Bildnis ist ein wenig anders gestaltet; mal variiert sie den Hintergrund, mal gestaltet sie Schattierungen und Bildtiefe unterschiedlich. Ihren Ehemann hat sie, anders als die anderen Familienmitglieder, als schwarz-weiße Kohlezeichnung verewigt.

Farbenprächtige, wie stark vergrößerte Webware oder Buntglas wirkende Acrylbilder von Sibylle Rindfleisch sind im Erdgeschoss ausgestellt. Die Leuchtkraft dieser Bilder zieht den Betrachter in den Bann. Dort finden sich auch die Arbeiten von Barbara Funk aus Moosach. Sie ist neu im Kurs, ihre halb organischen, halb fantastischen Formen sind erkennbar von der Hinterglasmalerei der Moosacher Malerin Maja Ott inspiriert.

Raffiniert komponierte Farben und Sichtachsen zeichnen auch die Bilder von Dagmar Scott aus München aus. Sie arbeitet mit Aquarell, Acryl und Kohle. Besonders schön: ihre halb-abstrakte Impression marokkanischer Mauern in verschiedenen Blautönen, die eine faszinierende Licht-und Schattenstimmung erzeugen, sowie eine suggestive Farbstudie, die den Blick in die Tiefe zieht.

Die Herrmannsdorfer Grafikerin Christine Gottwald zeigt im Treppenaufgang der Galerie ihre Farbfeldmalerei. Mal hat sie die Farbfelder grafisch-geometrisch komponiert, mal bricht sie aus der formalen Strenge aus und lässt verschiedene Ebenen und Perspektiven einander überlagern, spielt mit formalen Versatzstücken, mit Vordergrund und Hintergrund. Eine weitere Arbeit erinnert an Pop Art: Comicartige, insektengleiche Wesen bevölkern den von schwerpunktmäßig gesetzten Farbfeldern definierten Raum.

Die Papier- und Leinwandarbeiten von Gisela Ringseisen erinnern mit ihren dick aufgetragenen schwarzen Konturen, den grotesk vergrößerten Extremitäten und der dunklen Farbigkeit an Gemälde von Georg Baselitz. Ringseisen war früher Studentin an der Münchner Kunstakademie. "Der Kurs bei Gisela Heide, das ist mein Altershobby", sagt sie. Ihre Gemälde besitzen Dichte, Tiefe und Geheimnis. Da schält sich aus der Komposition ein irgendwie versehrter und bandagierter Kopf heraus, schwarze Flugobjekte, von denen man nicht weiß, ob es Vögel oder fremdartige Maschinen sind, ziehen in scheinbar hohem Tempo vorbei. Zusätzlich hängen in dem Raum sechs kleine Tuschebilder; sie bergen gruselige Nachtgestalten, wie sie in Albträumen vorkommen. Als Illustrationen für Geschichten von Edgar Allen Poe wären die Darstellungen ideal.

Von den Geheimnissen der Nacht führt ein kurzer Weg hin zu den Wundern der Natur, festgehalten in fantasievollen Acrylbildern und duftigen Aquarellen, in ein- und mehrdimensionalen Scherenschnitten von Gabi Schall. In einem dieser papiernen Schatzkästlein flattern zwei Fledermäuse umher. "Mein Sohn hat mal eine kleine Fledermaus gerettet", erzählt sie. "Das Bild habe ich für ihn gemacht."

In einem von ihr eigens für die Ausstellung hergestellten Buch erzählt und illustriert die Buchhändlerin eine poetische Geschichte mit Scherenschnitt-Szenen. Die Geschichte handelt von der Reise eines Steins aus dem Steinsee, der den Weg des Gletschers, mit dem er einst ins Land gekommen war, zurück zum Ursprung findet. Zu jeder Episode hat Schall eine märchenhafte Illustration geschaffen. "300 Millionen Jahre alt ist der Stein", sagt Schall. Den Stein gibt es tatsächlich. Sie hat ihn im Steinsee gefunden, nachdem sie die Geschichte zuvor geträumt hatte.

Vernissage der Ausstellung "weites feld" ist am Donnerstag, 20. Oktober, 19 Uhr, in der Alten Klosterschule in Glonn. Einführende Worte spricht Gisela Heide. Öffnungszeiten sind Freitag, 21. Oktober, 16 bis 19 Uhr, Samstag, 22. Oktober, 14 bis 18 Uhr, und Sonntag, 23. Oktober, 11 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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