Ausstellung:Die gute alte Zeit

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Wlodek Kaluza zeigt in der Grafinger Stadtbibliothek historisch anmutende Monotypien von der Leonhardifahrt 2016

Von Peter Kees

Schöne Typen seien das, so eine Besucherin auf der Vernissage in der Grafinger Stadtbibliothek über die Köpfe auf den "Monotypie-Bildern", die Wlodek Kaluza dort derzeit ausstellt. Monotypie ist eine seit dem 17. Jahrhundert angewandte Drucktechnik, der Lithografie oder Radierung verwandt. "Die gute alte Zeit", lautete der zweite Satz, der jener Besucherin entwich. Dabei sind die Bilder gar nicht alt. Kaluza hat sie erst vergangenes Jahr produziert.

Grundlage seiner Drucke ist die Fotografie, im Fall der aktuellen Ausstellung Schnappschüsse, die der in Stettin geborene Diplomingenieur beim Leonhardiritt 2016 in der Stadt geschossen hat: Porträts, Stillleben, Straßenszenen, Impressionen aus einem scheinbar historischen Grafing. Die digital aufgenommenen Fotos bearbeitet Kaluza am Computer, ehe er sie ausdruckt, die Prints anschließend konventionell mit Farbe und Pinsel ausarbeitet und sie schließlich durch eine Handdruckpresse zieht. So entstehen spiegelverkehrte, einfarbige Drucke.

„Grafinger Hüte, Bärte und Bräuche“ zeigt Wlodek Kaluza derzeit in der Grafinger Stadtbücherei. (Foto: Christian Endt)

Die Motive - hier Impressionen vom traditionellen Leonhardifest, bei dem die Menschen in altgewohnter Tracht erscheinen - und die angewandte Technik ergeben tatsächlich Druckgrafiken, die auch aus einer anderen Zeit sein könnten. So erklärt sich der Kommentar jener Besucherin. Auf die Gegenwartskunst angesprochen sagt Kaluza: Er möge die zeitgenössische Kunst nicht, er finde, die Entwicklung befände sich "auf einem Holzweg." Was ihn beeindrucke, sei die authentische Liebe zu Heimat und Tradition, wie der Pole sie, seitdem er in München und Umgebung lebt - immerhin seit 1991 - in Bayern immer wieder erlebt. In diesem Sinne lag es für ihn also nahe, auf der Leonhardifahrt zu fotografieren. Denn unbedingtes Anliegen des Künstlers ist es erklärtermaßen, dass seinen Bildern eben nicht auf den ersten Blick anzusehen ist, welcher Zeit sie entstammen.

Da finden sich typisch bayerische Köpfe, Männer mit Gamsbärten auf den Hüten, Figuren, wie sie wohl auch im 19. Jahrhundert anzutreffen waren. Dort ist ein Trachtler vor Grafings historischer Kulisse zu erblicken, da ein Tuba spielender Musikant. Auch eine Prominente ist auf einem der ausgestellten Exponate abgelichtet: Bayerns Wirtschaftsministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin Ilse Aigner. Auch ihr Konterfei könnte einer vergangenen Zeit entnommen sein.

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(Foto: Christian Endt)

Grundlage der Monotypien sind mit der Hand bearbeitete Fotos.

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(Foto: Christian Endt)

Auch eine Prominente ist auf einem der ausgestellten Exponate abgelichtet: Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.

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(Foto: Christian Endt)

Die digital aufgenommenen Fotos bearbeitet Kaluza am Computer, ehe er sie ausdruckt und die Prints anschließend konventionell mit Farbe und Pinsel ausarbeitet.

Ihren fotografischen Ursprung entnimmt man den monochromen Drucken kaum. Kaluza erzählt, dass er fotografiert, seitdem er denken kann, mit der Technik der Monotypie allerdings erst seit einem Jahr experimentiert. Was man ihm wünschen kann, wäre mit noch hochwertigeren Papieren zu arbeiten, denn sonst entsteht schnell der Eindruck, hier könne es sich schlicht um Kopien alter Drucke handeln. Neben den Bildern vom Leonhardifest sind auch Hühner, Fahrräder, Stadtansichten oder sonstige Stillleben ausgestellt. Um so extremer der Fotograf die Bildkontraste des jeweiligen Fotos am Computer erhöht, umso grafischer wirken die Bilder, umso älter muten sie auch an. Das, was einst mühsam mit der Hand auf eine Platte gezeichnet wurde, wird hier - im Zeitalter der Fotografie - von der Kamera ersetzt. Von handgefertigten Bildern, von Originalen also, kann man trotzdem sprechen, denn das angewandte Verfahren, bei dem die Bilder eben nicht nur digital, sondern auch analog bearbeitet werden, lässt Unikate entstehen.

Ein wenig schade war, dass - wohl wegen der Ferienzeit - nicht besonders viele Besucher den Weg zur Vernissage in die Grafinger Bibliothek fanden. Doch die "Grafinger Hüte, Bärte und Bräute", so der Titel der Ausstellung, sind noch bis Samstag, 30. September, dort zu sehen. Anschauen kann man die Monotypien zu den Öffnungszeiten der Bücherei, also sonntags und dienstags von 9 bis 12 Uhr, sowie mittwochs, donnerstags und freitags von 16 bis 20 Uhr.

© SZ vom 13.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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