Aus dem Stadtrat:Größer denken

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Grafing weitet sein Entwicklungskonzept von der Ortsmitte auf das gesamte Stadtgebiet aus - auch, weil es dafür Födergelder gibt

Von Thorsten Rienth, Grafing

"Isek" ist die Abkürzung für die Formulierung "Integriertes Stadtentwicklungskonzept". Ursprünglich sollte Isek in Grafing nur Hilfestellung für eine geschickte Planung von etwa Gewerbeflächen oder Bauland liefern. Doch inzwischen kommt auch ein ganz handfestes finanzielles Argument hinzu: Ohne Isek gibt es kein Geld mehr aus dem Bund-Länder-Förderprogramm "Soziale Stadt".

Insofern ist der einstimmige Beschluss des Grafinger Stadtrats am Dienstagabend mehr Formsache denn Überraschung gewesen. Wer sollte auch ernsthaft dagegen sein, sich einen Teil der Infrastruktur-Ausgaben aus dem Bund-Länder-Topf bezahlen zu lassen? Immerhin ist selbiger mit einem dreistelligen Euro-Millionenbetrag recht ansehnlich bestückt.

125 000 Euro für ein Stadtentwicklungskonzept könnten sich da als gute Investition herausstellen, zumal: Im Stadtrat gelten die Mittel als Grundvoraussetzung, eine Überplanung der Rotter Straße 8 überhaupt ernsthaft diskutieren zu können. Was diese Debatte angeht, herrscht schließlich Zugzwang. Seit nunmehr fast zehn Jahren scheitert das Gremium ein ums andere Mal mit einem Plan für das größtenteils brandschutzgesperrte frühere Schulhaus.

Trotzdem zieht die Stadt das Konzept nun deutlich größer auf, als einst geplant. "Wir wollen das von dem ursprünglich einmal angedachten Fokus auf die Innenstadt auf das gesamte Stadtgebiet ausdehnen", erklärte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) am Dienstag. "Klar ist, dass sich die Stadt in den nächsten Jahren rasant verändern wird", so Obermayr. Da mache es großen Sinn, die Vorhaben nicht einzeln zu betrachten, sondern im integrierten Zusammenhang und angedockt an den Flächennutzungsplan. Zehn bis 15 Jahre soll das Konzept in die Grafinger Zukunft reichen.

Bislang stehen davon nicht viel mehr als ein paar Schlagsätze im Stile von "Revitalisierung der Altstadt", "gesteigerte Aufenthaltsqualität" oder "Stärkung der Innenraumentwicklung" auf der Agenda. Wie sich diese Begriffe in der Praxis ausgestalten lassen, sollen nun vor allem Leute erarbeiten, die das professionell machen. "Es gibt Agenturen, die solche Konzepte tagtäglich aufstellen und da einiges an Erfahrung mitbringen", erklärte Wirtschaftsförderer Tim Grebner in der Sitzung. Die Stadt ziele auf einen realistischen Gesamtüberblick ab, was in Grafing naheliegender Weise zu machen ist.

Konkret ausarbeiten würde ihn dann ein Steuerkreis aus Vertretern von Verwaltung, Kommunalpolitik, Verbänden und Initiativen. Die genaue Zusammensetzung muss hier noch entschieden werden. Sicher sei, sagte Grebner, "dass da auch die Bürger mitgenommen werden", zum Beispiel über eine Zukunftswerkstatt.

Ende nächsten Jahres soll das Konzept dann stehen. Hat der Zeitplan bestand, läge die Zielgerade des Stadtentwicklungskonzepts mitten im Kommunalwahlkampf 2020. Für grundlegende Debatten sind das sicher keine schlechten Voraussetzungen.

Danach liegt es am Grafinger Stadtrat, ob er mit dem Isek ein Konzept für die Schublade erstellt oder es tatsächlich umsetzt. Die Frage stellt sich so, weil der Stadtrat auf Expertenmeinungen zuletzt wenig gab: Kritik an den Vorschlägen des eigenen Stadtplaners gehören mittlerweile zum Sitzungsritual - dennoch beauftragt ihn die Stadt wieder und wieder. Als der Stadtrat vor nicht allzu langer Zeit bei der damals noch angedachten Sportstättenanbindung Experten befragte, rieten diese entschieden ab. Die Anbindung sei überflüssig und stehe in keiner Relation zu den Kosten. Stadtrat und Bürgermeisterin meinten es dennoch besser zu wissen - und beschlossen den Bau.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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