Aus dem Ebersberger Amtsgericht:Panik am Straßenrand

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Die junge Frau wird zu drei Monaten Führerscheinentzug und einer Geldstrafe in Höhe von 1400 Euro verurteilt. (Foto: EBE)

Eine 34-Jährige steigt nach einem Unfall einfach in ihr Auto und fährt weg. Dafür muss sie nun drei Monate auf ihren Führerschein verzichten und 1400 Euro Strafe bezahlen.

Von Anja Blum, Ebersberg

Steht am Ebersberger Amtsgericht Fahrerflucht auf der Tagesordnung, bedeutet das normalerweise, dass jemand beim Aus- oder Einparken einen Kotflügel oder einen Außenspiegel touchiert hat - und behauptet, davon nichts, aber so rein gar nichts mitbekommen zu haben. In solchen Fällen wird dann meist ein Gutachter bestellt, der den Unfall rekonstruiert und einschätzt: Wie deutlich war der Rumms? Wie groß die Erschütterung? Wie laut das Geräusch? Ist der Angeklagte schon ein wenig älter, sein Gehör vielleicht nicht mehr ganz so gut, hat er Chancen, dass das Gericht seiner Version Glauben schenkt.

Die junge Frau aber, die sich nun wegen Fahrerflucht vor dem Ebersberger Amtsgericht wiederfand, versuchte erst gar nicht, ihr unerlaubtes Entfernen vom Unfallort zu beschönigen. Konnte sie auch nicht, denn sie war nach dem Zusammenstoß ihres Wagens mit einem Kleintransporter an einer Kreuzung in Ebersberg ausgestiegen und hatte sich mit dem Fahrer unterhalten. Erst danach hatte sie plötzlich die Flucht ergriffen.

"Ich habe an der Linie gehalten und nach rechts und links geschaut", schilderte die 34-Jährige aus dem südlichen Landkreis den Unfallhergang. "Dann ist der Kleintransporter an mir vorbeigefahren und hat mich plötzlich gestreift." Insofern sei sie überzeugt, nicht an dem Zusammenstoß schuld gewesen zu sein, obwohl der andere Fahrer Vorfahrt hatte. "Ich bin mir sicher, dass ich nicht mehr gerollt bin."

Als der Unfallgegner seine Papiere holte, fuhr sie los

Der Unfallgegner jedoch habe das anders gesehen und sie gedrängt, ihre Schuld einzugestehen und auf die Polizei zu warten. "Ich wollte sie halt nicht wegfahren lassen", sagte der 50-jährige Ebersberger, der als Zeuge geladen war. Als er aber kurz zu seinem Auto gegangen sei, um ein Foto zu machen und seine Papiere zu holen, sei die Angeklagte wieder eingestiegen und weggefahren. "Ich weiß, dass das ein Fehler war", sagte die zierliche 34-Jährige, "aber ich hatte Angst und Panik". Das bestätigte auch der Zeuge: "Sie war die ganze Zeit sehr aufgeregt."

In der Verhandlung ging es weder um die Schuld an dem Unfall, noch stand die Fahrerflucht als solche zur Debatte. "Wir bitten nur um eine Neubewertung des Strafbefehls", erklärte der Verteidiger. Schließlich habe seine Mandantin nicht versucht, ihre Tat zu vertuschen, sondern sei mit der ganzen Situation einfach überfordert gewesen. "Das Kennzeichen ist auf dem Foto erkennbar, sie ist die Frau des Halters - und wäre aus dieser Nummer nie wieder herausgekommen", so der Rechtsanwalt. "Sie ist einfach planlos weggefahren."

Auch angesichts des vergleichsweise geringen Schadens von gut 1000 Euro seien die Geldstrafe und der Führerscheinentzug hoch bemessen. Die Angeklagte gab an, als Zimmermädchen 800 Euro zu verdienen. Außerdem erklärte sie, vor allem wegen ihres Kleinkinds, das sie in die Krippe bringen müsse, auf ihren Führerschein angewiesen zu sein. Die Richterin entschied sich letztlich für einen Kompromiss zwischen dem Vorschlag der Staatsanwältin und dem des Verteidigers: Die Geldstrafe liegt nun bei 70 Tagessätzen á 20 Euro, also bei 1400 Euro, der Führerscheinentzug wird drei Monate dauern.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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