Auftakt zur Woche der Büchereien:Einigkeit trotz Eigenheiten

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Der Vortrag von Thomas Peters in der Grafinger Stadtbücherei gleicht beinahe einer Aufführung. (Foto: Christian Endt)

Thomas Peters entführt auf eine europäische Zeitreise

Von Amelie Hörger, Grafing

Wissen Sie eigentlich, welche Stadt in Europa die meisten Brücken hat? Oder wie häufig der Eiffelturm neu angestrichen wird? Laut Schauspieler Thomas Peters sind die Antworten dieser Fragen Grundwissen für einen waschechten Europäer, wie er mit viel Ironie und Witz bei der Auftaktveranstaltung zur Woche der Büchereien im Landkreis verkündet.

Mit einem Quiz über die Eigenheiten in Europa leitet Peters die Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Wir in Europa" gekonnt ein und schafft es in der Stadtbücherei Grafing eine Wohnzimmeratmosphäre zu kreieren. So tritt der Schauspieler immer wieder in einen Dialog mit den Zuhörern, wodurch die Bücherei, die sonst meist durch ihre ruhige Atmosphäre glänzt, mit Lachen, Zwischenrufen und Raunen gefüllt wird.

Zum mittlerweile sechsten Mal finden die Wochen der Büchereien statt, wie die neue Leiterin der Stadtbücherei Grafing, Ursula Schneider, sagt. Die Veranstaltungsreihe war zunächst immer auf eine Woche ausgelegt. Inzwischen ist das Programm auf beinahe drei Wochen ausgeweitet worden, "damit es nicht alles so dicht gedrängt ist", wie Jennifer Becker, Geschäftsführerin des Katholischen Kreisbildungswerks Ebersberg, welches die Wochen mitorganisiert, erklärt.

Trotz längerer Dauer kann nur ein kleiner Teil des Mottos besprochen werden. "Wenn Sie Vollständigkeit wünschen, dann müssten wir wirklich ein Jahr draus machen und uns jeden Monat hier treffen", sagt Auftaktredner Peters und lacht. Er könne schließlich nichts dafür, dass das Thema so komplex sei, so der Schauspieler, der sich lässig in seinem Stuhl zurücklehnt und sagt: "Statt Wir in Europa hätte man auch einfach sagen können Bier in Europa." Das hätte die Veranstaltung sicherlich feuchtfröhlicher gemacht, jedoch ist es kaum vorstellbar, dass es interessanter und unterhaltsamer geworden wäre.

Denn Peters Vortrag gleicht eher einer Aufführung, ganz im Stile seines Schauspielberufs. Mit einer Mischung aus Geschichtsprofessor, Satiriker, Literaturkritiker und Kabarettist setzt er trotz des sehr breit aufgefächerten Themas pointierte Akzente. Schon nach fünf Minuten stiehlt sich ein Lächeln in die Gesichter der Anwesenden und gegen Ende seines Vortrags ist vor Lachen sogar die ein oder andere Träne geflossen.

Von der Sage von Europa und dem Stier, zu den Kreuzzügen, Julius Caesar und den verschiedenen Religionen auf dem Kontinent bis hin zu modernen Geschehnissen wie dem Brexit. Peters holt weit aus, um sowohl auf die Eigenarten verschiedener europäischer Völker einzugehen, aber auch auf Einigkeit und Zusammenhalt zu drängen. Dabei hangelt sich der Schauspieler an literarischen Werken wie "Nathan der Weise", dem Roman "Die Wand" von Marlen Haushofer oder Texten des Journalisten Axel Hacke entlang und begeistert mit seiner Vortragsart die Zuschauer.

Viele, vorrangig Mitarbeiterinnen, der acht beteiligten Büchereien des Landkreises sind gekommen, worüber sich Ursula Schneider von der Grafinger Stadtbücherei besonders freut. "Ich habe auf jeden Fall schon Vertreterinnen aus mindestens sechs Büchereien gesehen", sagt sie freudestrahlend und weist mehrfach auf das Programm in den anderen Einrichtungen hin. Die Woche der Büchereien laufe inzwischen so gut, dass sogar schon andere Gemeinden zum Beispiel aus dem Landkreis München Interesse bekundet hätte, so Schneider.

Für die musikalische Untermalung sorgt das Bläser-Ensemble der Musikschule Grafing unter der Leitung von Uwe Baumer. Die Europäische Hymne und das Werk "Te Deum" von Marc-Antoine Charpentier begleiten die zwei europäischen Stunden in der Bücherei. Zwei Stunden gespickt mit unterhaltsamen, informativen und satirischen Momenten, aber auch ein paar nachdenklichen Augenblicken. Denn über den Wochen steht auch das Motto: Kann es ein Ich ohne ein Wir geben? Woher kommt Europa und wo wird es hingehen? Diese Fragen sind beinahe fast nicht zu beantworten im Gegensatz zu den Quizfragen die Peters auf der Bühne stellt.

Und wer noch immer gespannt auf die Auflösung der Fragen zu Beginn wartet: Die meisten Brücken in einer europäischen Stadt gibt es im deutschen Hamburg und in Paris holen die Französen alle sieben Jahre ihre Farbeimer heraus um dem Eiffelturm einen neuen Anstrich zu verpassen.

© SZ vom 18.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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