Aufsatz von Brigitte Schliewen:Es bleibt in der Familie

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Eine neue Publikation befasst sich mit den Randecks, die in mehreren Generationen als Baumeister, Bildhauer und Maler rund um Ebersberg tätig waren

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Stadtpfarrkirche Sankt Sebastian dürfte nicht nur kunsthistorisch Interessierten im Landkreis ein Begriff sein. Vielen dürfte auch der Name Sebastian Häfele geläufig sein, der Abt des Ebersberger Klosters, in dessen Auftrag die Kirche so umgebaut wurde, wie sie in weiten Teilen bis heute erhalten ist. Doch bei der Frage, wer für Abt Häfele diesen Umbau in die Hand genommen hat - schließlich dürfte der Klosterherr nicht selbst zu Kelle und Hammer gegriffen haben - werden wohl die meisten Ebersberger passen müssen. Eine neue Publikation beschäftigt sich nun mit Meister Erhart Randeck und seinen Nachkommen, die nicht nur beim Umbau von Sankt Sebastian, sondern auch an zahlreichen anderen Gotteshäusern in der Region ihre Spuren hinterlassen haben.

Verfasserin des Aufsatzes ist Brigitte Schliewen, die Vaterstettener Historikerin hat sich in der Vergangenheit bereits des öfteren mit den Randecks beschäftigt. Nun stellt sie in der Reihe "Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst" Erhart Randeck und seine Nachkommen in einem Aufsatz vor. Deren Wirken lässt sich mehr als ein Jahrhundert lang in der Region nachweisen, beginnend mit Meister Erhart, der 1448 das erste Mal in einer Urkunde aus München erwähnt und als Steinmetz genannt wird, bis zu dessen Enkel, dem herzoglichen Hofmaler Hans Mielich, der im Jahr 1573 verstorben ist.

Für Ebersberg haben vor allem Erhart und sein Sohn Ulrich Bedeutung. Vater Randeck verantwortete 1479 den Umbau der Michaelskirche in Hinteregglburg. Zwischen 1481 und 1484 war er dann zuständig für die Veränderungen an der Klosterkirche Sankt Sebastian. Laut Schliewen ist es gut möglich und sogar einigermaßen wahrscheinlich, dass diese Baumaßnahme gewissermaßen im Randeckschen Familienunternehmen erfolgte. Zumindest wiesen einige stilistische Merkmale auf Randeck junior hin, schreibt Schliewen.

Dass die Familie insgesamt den Ebersberger Mönchen sehr verbunden war, ist dagegen belegt. Für Vater Erhart stammt die erste Erwähnung in diesem Zusammenhang aus dem Jahr 1458, vier Jahre darauf erhielt er sogar Wohnrecht in einem Münchner Stadthaus, das sich im Besitz des Klosters befand. In diese Zeit fallen auch einige Dokumente, in denen Erhart als Zeuge in Geschäftsurkunden des Klosters erwähnt wird, er war damals offenbar jemand, dem die Äbte vertrauten.

Dies galt wohl auch für Erharts Söhne. Ulrich, der seinem Vater beruflich nachfolgte, wurde um 1490 in die Sebastiansbruderschaft aufgenommen. Diese - und nicht etwa das Kloster - hatte die Verfügung über die noch heute in der Stadtpfarrkirche aufbewahrte Schädelreliquie, die dem Heiligen Sebastian zugeordnet wird. Ulrichs Bruder Augustin hatte ebenfalls mit der Kirche zu tun, wenn auch nicht als Baumeister. Er schlug die Laufbahn eines Geistlichen ein, unter anderem war er Priester, Schreiber und Notar im Ebersberger Kloster. Die Schwester der beiden, Kathrey, heiratete den Münchner Maler Wolfgang Mielich, beider Sohn Hans wird Hofmaler der bayerischen Herzöge, einige seiner Werke sind bis heute im Nationalmuseum zu sehen.

Weniger als über seine Nachkommen ist über Erharts Abstammung und Herkunft bekannt. Die Quellen kennen zwar einen Johannes von Randeck, so soll der Bote geheißen haben, der im Jahr 1336 dem Münchner Stadtrat die Nachricht von der Geburt des bayerischen Thronfolgers, des späteren Herzogs Albrecht I, überbrachte. Ob es sich dabei um einen Vorfahren - man könnte etwa an den Urgroßvater Erharts denken - gehandelt haben könnte, muss aber mit einem Fragezeichen versehen bleiben. Ebenso, ob ein in den Quellen 1431 als Mitglied der Rittergesellschaft Sankt Jörgenschild in Schwaben angeführter Heinrich von Randeck mit dem Baumeister von Ebersberg verwandt sein könnte.

Erfolgversprechender scheinen die Überlegungen zu Erharts beruflichem Werdegang. Laut Schliewen finden sich in den Randeckschen Kirchen in der Region - speziell in Ebersberg und Hinteregglburg - charakteristische Architekturmerkmale, die auch an der Landshuter Spitalkirche zu sehen sind. Besonders die Portale von Sankt Sebastian ähnelten in der Form des Bogens und bei den verwendeten floralen Elementen derart jenen der Spitalkirche, dass man dieselben Steinmetze dahinter vermuten könne. Gut möglich also, dass Erhart Randeck seine Ausbildung in der Landshuter Bauhütte erhalten hat, mutmaßt Schliewen. Ein weiteres Indiz dafür sei in Hinteregglburg zu finden, der dortige Schlussstein mit einem Mephisto-Gesicht ähnelt in der Tat jenem der Landshuter Kirche. Speziell der optische Effekt: als ob Gottes ehemaliger Mitarbeiter fratzenschneidend aus einem Loch in der Decke auf die Gläubigen herabschaut.

Möglicherweise stammen auch einige der Figuren in den von Vater und Sohn Randeck verantworteten Kirchenbauten von diesen selbst. Zumindest für Ulrich ist belegt, dass er in späteren Jahren für die Stadt München Marmorskulpturen angefertigt hat. Schliewen hält es daher zumindest für möglich, dass er auch einige der Figuren in den Kirchen rund um Ebersberg geschaffen hat. Nicht auszuschließen, aber eben auch nicht zu belegen ist, dass etwa die sehr vielfältigen Konsolbüsten am Ende der Stützelemente aus Hand und Meißel der Randecks stammen. Vielleicht war Ulrich Randeck nicht nur Steinmetz, sondern auch noch Holzschnitzer? Zumindest gibt es gewisse stilistische Übereinstimmungen zwischen den Kragsteinbüsten und einigen Holzfiguren in den Kirchen von Hinteregglburg und Tulling.

Sicher belegt sind indes die Leistungen der Randecks als Baumeister: Vater Erhart können die Gotteshäuser in Hinteregglburg, Ebersberg, Oberndorf und Tulling zugeschrieben werden, sein Sohn Ulrich plante und verantwortete den Bau der Kirchen in Hohenlinden und Untermenzing. Das ist sicher, denn die Steinmetze und Architekten haben ihre Bauten damals gewissermaßen signiert. Bis heute zeugen ihre Zeichen - die für den modernen Betrachter wie die Verschmelzung der Ziffer 1 mit dem Buchstaben H aussehen, aber wohl stilisierte Steinmetzwerkzeuge darstellen - von der Arbeit der wenig bekannten und dennoch sehr bedeutenden Meisterfamilie.

© SZ vom 13.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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