Aufdringliche Reklame:Unter Druck ins Netz

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Grünen-Gemeinderat Joachim Hellriegel hält die Werbung der Deutschen Glasfaser für irreführend. (Foto: Christian Endt)

In Glonn gibt es Ärger über die Art und Weise, wie die "Deutsche Glasfaser" für den Anschluss an das schnelle Internet wirbt. Auch in Zorneding hat sich das Unternehmen nicht nur Freunde gemacht

Von Carolin Schneider, Glonn

Der Glonner Gemeinderat Joachim Hellriegel (Grüne) ist sauer. Grund ist eine Postkarte des Unternehmens Deutsche Glasfaser. Mit ihr wirbt man in der Verwaltungsgemeinschaft wie folgt: "Wenn 40 Prozent der anschließbaren Haushalte einen Glasfaservertrag bei uns abschließen, kommt das Giga-Netz nach Glonn." Hellriegel sagt dazu: "Das Unternehmen übt unnötig Druck auf die Bürger aus." Was war geschehen? In Glonn gibt es eine besondere Situation, weshalb die 40-Prozent-Marke auf die Gemeinde gar nicht zutreffe, so Hellriegel. Hintergrund ist, dass sich die Verwaltungsgemeinschaft für ihre "weißen Flecken", also Gebiete ohne Breitbandverbindung, eine Förderung des Freistaats gesichert hat. Die Förderung soll die Ausbaukosten der Glasfaser decken. Das Unternehmen wiederum hatte die Förderung für die Verwaltungsgemeinschaft gewonnen, von einer 40-Prozent-Hürde soll für das Fördergebiet im Vertrag aber keine Rede sein. "Die Firma muss die geförderten Gebiete auf jeden Fall ausbauen", betont Hellriegel - selbst, wenn sich weniger als 40 Prozent für einen Vertrag mit der Deutsche Glasfaser entscheiden.

Legitim sei die Bedingung auf den Postkarten demnach nur im Glonner Ortskern und dem Ortsteil Herrmannsdorf: Denn diese Gebiete liegen mit ihren bereits jetzt vergleichsweise guten Anschlüssen außerhalb des Fördergebiets des Freistaats, sie können also nur privatwirtschaftlich mit schnellerem Internet ausgestattet werden. "Es ist völlig in Ordnung, dass die Glasfaser jetzt auch diese Gebiete im Auge hat", sagt Hellriegel. Nur der Druck auf die Bürger in den bedingungslos auszubauenden Gebieten sieht er als "irreführend".

Dass die Glasfaser unnötig Druck auf die Bürger aufbaue, hat Hellriegel der Deutschen Glasfaser jetzt mitgeteilt. Deren Regionalleiter Martin Herkommer sieht das anders. "Die Aussage ist sicherlich vereinfachend", räumt er zwar ein. Irreführend oder gar falsch sei sie aber nicht. Vermarktungstechnisch sei es jedoch nicht möglich, die Gebiete zu trennen, aus diesem Grund erhielten alle Haushalte die gleichen Werbemittel. Herkommer hält das für fair, denn schließlich gelte das Angebot seines Unternehmens, bei Vertragsabschluss einen kostenlosen Anschluss in die Wohnung zu legen, unabhängig von der Lage im privatwirtschaftlichen oder geförderten Gebiet. "Dies ist im Sinne aller Bürger", resümiert Herkommer.

Fest steht, dass die Haushalte im Fördergebiet auch dann mit Glasfaser versorgt würden, wenn die 40 Prozent im privatwirtschaftlichen Gebiet nicht erreicht werden, das Netz also lediglich im Fördergebiet ausgebaut würde. Einen kostenlosen Anschluss bis in die Wohnung gibt es in diesem Fall aber auch nur, wenn die Nutzer einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser unterschreiben. Andernfalls erfolge die Erschließung nur bis zur Grundstücksgrenze.

An Joachim Hellriegels Verärgerung ändert das nichts. "Die Antwort von unserem Vertragspartner finde ich einfach nur enttäuschend", sagt er. "Die Deutsche Glasfaser hätte es nicht nötig, so einen Druck auf die Bevölkerung aufzubauen." Er habe bereits von mehreren Seiten gehört, dass die Bürger durch die Werbeaktion verunsichert seien. Herkommer wiederum sichert zu, dass sich die Kundenberater vor Ort mit der besonderen Situation in Glonn auskennen und die Kunden richtig beraten würden. In den irreführenden Postkarten sieht er vielmehr einen Vorteil für die Gemeinde: Denn man wolle die 40-Prozent-Hürde für einen Ausbau im Ortskern und Herrmannsdorf vom Gesamtgebiet her berechnen, also inklusive des Fördergebiets. "Erfahrungsgemäß unterzeichnen in den Fördergebieten deutlich mehr Haushalte einen Vertrag als in den privatwirtschaftlichen Gebieten", sagt er. "Denn sie liegen ja nicht ohne Grund im Fördergebiet."

Das Marketing und die Informationspolitik der Deutschen Glasfaser wird aber nicht nur in Glonn kritisiert. Auch in Zorneding hat das Unternehmen Ärger. Dort hatte man im Mischgebiet auch unter regulären Anwohnern zunächst mit teuren Business-Anschlüssen geworben. Zudem ließ die Firma nach der Bekanntgabe einer erfolgreichen Nachfragebündelung im Februar zunächst monatelang nichts von sich hören. Nach der Aufstellung der Knotenpunkte im Juli dann das selbe Spiel: Erst zwei Tage vor dem Spatenstich im September bestätigte man den Termin für den eigentlichen Ausbau.

Die Nachfragebündelung in Glonn, Bruck, Moosach und Egmating läuft seit September und endet am 27. November. Derzeit haben nur sechs Prozent der Haushalte laut der Deutschen Glasfaser einen Vertrag unterschrieben. "Das ist zu diesem Zeitpunkt aber normal", so Herkommer. In Oberpframmern wurde die Nachfragebündelung im Sommer abgeschlossen. Die Zustimmungsquote lag dort bei 46 Prozent.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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