Aßling:Dem Vergangenen Leben einhauchen

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Asta Scheib stellt in Obstädt ihr Buch über Luther vor. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

In Obstädt bei Aßling feiert Asta Scheibs neuer Roman "Sturm in den Himmel" Weltpremiere

Von Anselm Schindler, Aßling

"Ich hab da lange drauf hingearbeitet, dass sie nach Aßling kommt", erklärt Dietrich Leiding vom Aßlinger Arbeitskreis Kultur und grinst. Mit "sie" meint Leiding die Schriftstellerin Asta Scheib, die er für eine der wichtigsten deutschen Schriftstellerinnen halte, wie Leiding sagt, während er Stühle von der Ladefläche eines Pick Ups zerrt. Der lichte Saal des Hechtlhofes in Obstädt bei Aßling ist gut gefüllt, mit zufriedener Miene trägt Leiding weitere Stühle in den Saal. Dann kommt, elegant gekleidet, auf goldenen Absätzen, Asta Scheib in den Raum. Sie bringt eine gewisse Schwere mit, ihr Gesichtsausdruck ist streng.

Etwas anderes aber würde auch gar nicht zu Scheib passen, zu einer Autorin, die sich für ihre Romane auch gerne wochenlang in Archiven rumtreibt. Die auch Historikerin sein könnte, wäre da nicht die Sprache mit der sie so gerne spielt. Es ist die historische Tiefe, die Scheibs Romanen und ihr selbst diese Schwere verleihen. Das gilt freilich auch für Scheibs neues Buch, das von nicht weniger handelt, als von Martin Luther, genauer gesagt der Jugend des Reformators, über die man leider nur wenig wisse, wie Scheib sagt. Abgearbeitet hat sich Scheib für ihren Roman an den frühen Schriftstücken Luthers. Der Rest ist Mutmaßung, Fiktion. Die Lücken werden mit Fantasie gefüllt. Dem Vergangen Leben einhauchen: Das trifft Scheibs Schaffen wohl am besten. Scheibs neues Buch feiert an diesem Sonntagabend in Obstädt "Weltpremiere", wie Dietrich Leiding sagt. Denn der breiten Öffentlichkeit soll der Roman erst bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober präsentieren werden. In Obstädt gibt sie einen Vorgeschmack.

"Es gab gute Kinder, es gab böse Kinder. Zu letzteren gehörte Martin. Das wusste er von seiner Mutter, die es ihm oft genug vorhielt." So beginnt das zweite Kapitel von Scheibs neuem Roman. Und auch wenn sie noch nicht viel preisgeben will, zentrale Motive sind Schuld, Sühne und Vergebung, das kann man zwischen den Zeilen lesen. In mehreren Absätzen geht es darum, wie sich der junge Luther - schon als Kind - vorm Fegefeuer fürchtete, wenn er Trockenobst und Nüsse stahl.

Die Auseinandersetzung mit dem Protestantismus passt zu Scheib, sagt man doch auch dem Protestantismus Strenge nach, eine anti-hedonistische Haltung. Asta Scheib sitzt am Ende eines langen Holztisches, die Zuhörer sitzen an den Seiten des Tisches, ihr zugewandt hängen sie an ihren Lippen. Einige werden sich nach der Lesung Bücher signieren lassen, Scheib hat viele Fans in Aßling. Einer davon ist Dietrich Leiding, der Scheib vor einigen Jahrzehnten auf Sardinien kennengelernt hat.

Leiding setzt sich ans andere Tischende, und nimmt Scheib mit forschen fragen unter Beschuss, was die Lesung auflockert. Im Zwiegespräch der beiden erfährt man viel über Scheib, vor allem über die Recherchen, die dem Schreiben vorangehen. Die Wahlmünchnerin Scheib hat in jungen Jahren, nach ihrer Ausbildung als Textilingenieurin, als Journalistin für Brigitte und den Bayerischen Rundfunk gearbeitet. Dort lernte sie auch das Recherche-Handwerk, bevor sie 1981 ihren ersten Roman veröffentlichte. Man erfährt, dass sie sich seit dem elften Lebensjahr als Schriftstellerin sieht. Als Kind, 1951, erkrankte Scheib an Polio, ans Bett gefesselt widmete sie sich der Welt der Sprache. Und das gegen den Widerstand ihrer Eltern, die ihr sogar ihre Notizen und Tagebücher wegnahmen, in der Hoffnung, sie würde sich die Flausen aus dem Kopf schlagen. Gut, dass sie es nicht getan hat.

"Luther in Love" wollte sie ihr neues Buch eigentlich nennen, sagt Scheib, dem Hoffmann und Campe Verlag allerdings war das zu blumig: "Sturm in den Himmel", diesen Titel trägt der Roman jetzt, "und eigentlich ist mir der Titel auch egal", merkt Scheib flapsig an. Beim Hoffmann und Campe Verlag kann man den "Sturm in den Himmel" bereits jetzt vorbestellen, erscheinen wird der Roman dann am 17. September.

© SZ vom 11.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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