Aschermittwoch in Vaterstetten:Ab nach Kansas

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Seit 21 Jahren weiß Michael Niebler an Aschermittwoch Amüsantes über Vaterstettens Promis zu berichten. (Foto: Christian Endt)

Die Veranstaltung der CSU steht im Zeichen des Wahlkampfes - Parteifreunde werden von Festredner Michael Niebler dennoch derbleckt

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Ob Leonhard Spitzauer das Amt bekommt, das Robert Niedergesäß bis vor sieben Jahren hatte, wird sich erst nach der Wahl zeigen - aber zumindest arbeiten der ehemalige und der potenzielle Bürgermeister schon sehr gut zusammen. Denn als Michael Niebler, der zum mittlerweile 21. Mal als Festredner beim politischen Aschermittwoch der CSU die Vaterstettener Prominenz derbleckte, seinen schon traditionellen Verweis auf die angeblich eher unterentwickelten geografischen Fähigkeiten des heutigen Landrates mit der Frage krönte, in welchem US-Bundesstaat Kansas City liegt, half Spitzauer dem unfreiwilligen Quiz-Kandidaten aus der Bredouille. Letztere, so Niebler, sei übrigens nach Meinung von Niedergesäß eine beliebte Urlaubsregion in Frankreich.

Der Landrat selbst ließ diesmal die Gelegenheit verstreichen, dem Festredner ein paar mitzugeben. Und das obwohl, wie er in seinem Grußwort sagte, er diesmal zum ersten Mal nach sieben Jahren bei der Veranstaltung wieder am Rednerpult stehen dürfe. Damals, 2013, hatte Niedergesäß die Chance genutzt und im Auftrag der "Selbsthilfegruppe der Opfer von Michael N." einige Anekdoten über Niebler zum Besten gegeben. Über diesen wolle er diesmal aber nicht sprechen - obwohl ihm nur Gutes einfallen würde, "aber das wollte ich dann auch nicht sagen, nicht dass er abhebt." Stattdessen nutzte Niedergesäß sein Grußwort vor allem, um für sich und die Kreistagskandidaten der CSU zu werben. Letztere, so der Landrat, hätten "alle gewusst was sie unterschreiben und wofür sie kandidieren".

Eine Anspielung auf die mutmaßlichen Manipulationen bei der Aufstellung der AfD-Listen, welche - dem Gelächter nach zu urteilen - die Anwesenden durchaus verstanden. Für alle, die die AfD-Listenaffäre vielleicht nicht mitbekommen hatten, ließ Festredner Niebler diese noch einmal Revue passieren. Denn bevor er zu seinem eigentlichen Programm überging, gab es ein mehrere Minuten langes und im Gegensatz zum Rest der Rede durchaus ernstes Vorwort. Denn "diese Geschichte ist nicht humorvoll, sie ist leider bitterernst". Der Jurist Niebler hatte eine Art Plädoyer vorbereitet, in dem er die Vorwürfe, Schmidt habe Leute ausgetrickst, damit sie auf den AfD-Listen kandidieren, mit entsprechenden Indizien verknüpfte. Da der Appell des Gemeinderates und vieler Bürger an Schmidt, sich aus der Politik zurückzuziehen "bei ihm nicht fruchten", hatte Niebler einen Appell an die Zuhörer: "Sprechen Sie mit jedem aus Ihrem persönlichen Umfeld, der geneigt sein könnte AfD zu wählen und bekehren Sie ihn oder sie. Nur so geht es."

Natürlich durfte in Zeiten des Wahlkampfes auch die übrige politische Konkurrenz nicht fehlen, da war es mit der Ernsthaftigkeit aber wieder vorbei. Niebler spottete etwa über die Slogans der SPD-Bürgermeisterkandidatin Maria Wirnitzer, welche die Genossen bei der CSU abgeschrieben hätten. FDP-Kandidat Klaus Willenberg bescheinigte er "die Gnade der späten Geburt", schließlich trenne diesen nur ein halbes Jahr von der Altersgrenze für Bürgermeister. Zum Bewerber der Grünen, David Göhler, könne er leider nichts sagen, so Niebler, denn in der kurzen Zeit von 57 Jahren, die er erst in Vaterstetten lebe, sei ihm der Kandidat noch nie aufgefallen. Über die Freien Wähler und ihren Kandidaten Roland Meier dürfe er gar nicht lästern. Denn, so Niebler "wir sind ja in Bayern in einer Koalition mit Euch". Stattdessen wünschte er Meier - der als einziger der Konkurrenten persönlich anwesend war - "viel Erfolg, aber nicht zu viel", und zur Not könne sich Meier, der "hervorragende Brände" selbst herstellt, das Ergebnis ja schönsaufen.

Über die Parteifreunde - die laut Ortsvorsitzendem Michael Kundler mit Verweis auf die Aschermittwochsrede Niebler aufs Wort gehorchen - gab es natürlich ebenfalls einiges zu berichten, genau wie über Bürgermeister Georg Reitsberger. Der, so erfuhren die Zuhörer, war bei seinem letzten Besuch in der äthiopischen Partnerstadt Alem Katema - wo es übrigens im Gegensatz zu Vaterstetten schon einen Bürgersaal und sogar einen Flughafen gebe - mit politischen Unruhen konfrontiert. Die einzige Sorge, die Reitsberger plagte, sei aber gewesen, dass das Bier ausgehe und die in Äthiopien servierten Schafe so klein wie Vaterstettener Hasen seien.

Kulinarisches gab es auch zu seinem möglichen Nachfolger Spitzauer, der sich nach Ankündigung seiner Freundin, am Abend in "Romeo und Julia" zu gehen schon auf ein gutes italienisches Essen gefreut habe. Aufs Essen gefreut habe sich kürzlich auch Zweiter Bürgermeister Martin Wagner, genauer auf ein "Minutensteak". Und sich furchtbar beschwert, als das nach einer Stunde noch nicht auf dem Tisch stand. "Aber der Kellner hat gesagt: Gut, dass Sie nicht die Tagessuppe genommen haben."

Die Antwort auf die von Niedergesäß und Spitzauer gemeinsam gemeisterte Quizfrage lautet übrigens "Missouri". Damit sind die beiden zumindest schon besser in Erdkunde als der amerikanische Präsident, der in einem Tweet die Stadt Kansas einmal in den gleichnamigen Bundesstaat versetzt hatte. Geographisches im weitesten Sinne gab es dann auch noch zum Schluss von Nieblers Ansprache: Er entschuldigte sich bereits fürs kommende Jahr, da müsse seine Rede leider ausfallen, weil er mit seiner Frau zur Silberhochzeit eine Reise nach Vietnam geplant habe. Vielleicht darf dann ja am nächsten Aschermittwoch die Selbsthilfegruppe wieder ans Rednerpult.

© SZ vom 28.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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