Artenvielfalt im heimischen Garten:Bienen retten leicht gemacht

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Das Volksbegehren zum Artenschutz hat riesigen Zuspruch gefunden. Dennoch gestalten viele Gartenbesitzer ihre eigenen Flächen lieber pflegeleicht statt vielfältig

Von Anna Horst, Ebersberg

Steingefüllte Gabionen als Zäune, pflegeleichte Rasenflächen, die vom Mähroboter millimeterkurz gehalten werden, oder gleich Kiesflächen statt Pflanzen: So sehen immer mehr Vorgärten auch im Landkreis aus. Gleichzeitig ist das Volksbegehren "Rettet die Bienen" für mehr Artenvielfalt zum erfolgreichsten seiner Art in der Geschichte Bayerns geworden - vor allem die Landwirtschaft wird darin in die Pflicht genommen. Doch auch Privatleute können viel dazu beitragen, dass die Vegetation vielfältiger und bienenfreundlicher wird. Laut Richard Straub, Vorsitzendem der Kreisgruppe Ebersberg im Landesbund für Vogelschutz, ist dafür noch nicht einmal ein eigener Garten nötig: "Man kann schon auf dem Balkon anfangen, indem man dort heimische Blühpflanzen anpflanzt."

Die Blüten lockten nämlich viele Insekten und Schmetterlinge an, wenn sie richtig gepflegt würden. Wichtig sei ein magerer Boden, der nur wenig Nährstoffe enthalte und unter dessen Erde auch gerne Sand und ungewaschener Kies gemischt werden dürfe. Was erst einmal nach dem genauen Gegenteil von pflanzenfreundlichen Bedingungen klingt, ist tatsächlich von der Natur genau so geschaffen: "Wenn man auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nach Blumen sucht, findet man im Grunde nichts. Das ist so, weil unsere heimischen Blütenpflanzen keinen Dünger und nährstoffreichen Boden vertragen. In der freien Natur haben sie den schließlich auch nicht", erklärt Straub.

Dort, wo es bunt blüht und die Natur ein Stück weit sich selbst überlassen ist, fühlen sich Insekten und Schmetterlinge so richtig wohl. Viele Gartenbesitzer mögen ihre Flächen aber lieber sauber gepflegt statt so verwachsen wie auf dieser Wiese in Grub. (Foto: Christian Endt)

Um solche Fehler bei der Bepflanzung zu vermeiden, sei es wichtig, sich vorher genau zu informieren. Als Anlaufstelle empfiehlt Straub zum Beispiel den Verein Naturgarten: "Man muss ja nicht gleich den ganzen Garten auf gut Glück umgraben, sondern oft ist es hilfreich, sich mit anderen auszutauschen und dann eins nach dem anderen anzugehen", sagt er. Dennoch sei die Umgestaltung vieler moderner Anlagen in tierfreundlichere Naturgärten ein essentieller Schritt, wenn man zur Artenvielfalt beitragen wolle. "Heutzutage findet man im Garten ja haufenweise Bambus, dann meistens eine Steinwüste oder erst den heiß geliebten Rasen der Deutschen, auf dem noch nicht einmal ein Gänseblümchen wachsen darf!", so Straub.

Die gängigen Ansprüche an einen "schönen" Garten müssten dringend überdacht werden, betont er. Seiner Meinung nach sind die Grünanlagen heutzutage nämlich "meist nicht mehr als ein Sterbezimmer im Freien". Man müsse vor allem gegen die Monotonie vorgehen, indem man beispielsweise Blumenwiesen anpflanzt, auf denen viele verschiedene Sorten wachsen dürfen. "Dafür kauft man am besten Samenmischungen, die aber keine Neophyten, also nicht-heimische Pflanzen, enthalten sollten", so Straub. Pflanzen aus dem Ausland, wie zum Beispiel die meisten Sorten des Rhododendrons, seien zwar sehr beliebte Gartengewächse, böten den heimischen Tieren aber keinen passenden Lebensraum. "Wir müssen stattdessen lernen, uns wieder auf die Schönheit der heimischen Pflanzen zu besinnen", so der Vorsitzende im LBV.

Gartengestalter Stefan Ruoff aus Vaterstetten setzt vor allem auf heimische Gewächse. (Foto: Christian Endt)

Wenn es um die Errichtung von Naturgärten geht, setzt auch Gartengestalter Stefan Ruoff aus Vaterstetten auf heimische Gewächse und möglichst viel Abwechslung: "Teiche ohne Fische, Steinhaufen und einheimische Blumen bieten vielen verschiedenen Tieren Platz zum Leben", erklärt er. Damit diese sich auch im Winter zurückziehen können, sollte man zum Beispiel kleine Altholz- oder Laubhaufen in den Ecken einfach liegen lassen und so Zufluchtsorte schaffen. Nicht nur für Igel seien Laubhaufen ein guter Ort zum Überwintern, auch viele Insekten nisteten sich dort und in vertrockneten Pflanzenstängeln während der kalten Jahreszeit ein, so Ruoff. "Mitunter das Schlimmste, was man machen kann, ist im Herbst das Laub raus zu kehren und alle Gewächse abzuschneiden. Denn dadurch können diese Reste im Winter nicht zu neuen Nährstoffen zersetzt werden und der natürliche Kreislauf wird unterbrochen", erklärt er. Dies wiederum habe zur Folge, dass im folgenden Sommer viel gedüngt werden müsse, was den Garten für viele Arten unattraktiv mache. Stattdessen sei erst jetzt, kurz vor dem Frühling, die passende Zeit, um im Garten gründlich aufzuräumen und Platz für die neue Blüte zu machen.

Allerdings bedeutet das nicht, dass der Garten im Sommer andauernd gemäht werden muss - vor allem nicht mit Robotern. Denn dadurch, dass die Maschinen den Rasen in regelmäßigen und sehr kurzen Zeitabständen trimmten, gebe es keine Chance für Blütengewächse wie Gänseblümchen oder Löwenzahn, erklärt Ruoff. Die oft als Unkraut verunglimpften Blumen stellen nämlich eine wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten dar - solange die Bienen und ihre Artgenossen nicht gleich selbst zwischen die Klingen des Rasenmähers geraten. "Den Garten allzu penibel zu pflegen und zu trimmen, schadet der Artenvielfalt am Ende also nur. In den meisten Fällen hilft sich die Natur sowieso selbst und braucht uns gar nicht," sagt Ruoff.

Mit einem Naturgarten, den man ruhig ein Stück weit sich selbst überlassen sollte, bietet man demzufolge einerseits mehr Tieren einen passenden Lebensraum und hat gleichzeitig auch weniger Arbeit. Eine Win-win-Lösung also - die aber immer noch von zu wenigen Menschen genutzt wird. Dass nur sehr wenige Leute ihren Garten tatsächlich zugunsten der Artenvielfalt umgestalten wollen, bemängeln sowohl Ruoff als auch Straub: "Letzten Sommer, im Jahr der Biene, haben wir vom LBV auch immer wieder Aktionen veranstaltet, bei denen wir einheimische Samenmischungen verteilt und den Menschen erklärt haben, warum deren Anpflanzung so wichtig ist", erzählt Letzterer. Interesse an dem Thema hätten die meisten Passanten zwar schon gezeigt, die Samen tatsächlich eingesetzt hätten aber nur die Wenigsten, wie Straub später herausgefunden hat. Dennoch sei es toll, dass durch "Rettet die Bienen" nun die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema Artenvielfalt gelenkt würde, sagt er. "Die ersten Gartenbesitzer beginnen umzudenken. Das Engagement ist da, aber es muss jetzt eben auch richtig angepackt werden."

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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