Artenschutz im Landkreis:Folgenreiche Lösung

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Die Entscheidung der Staatsregierung, das Bienen-Volksbegehren zu übernehmen, stößt nicht überall auf Begeisterung. Während die ÖDP erleichtert ist, hoffen die Bauern auf praxistaugliche Zusatzregelungen

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Die Forderungen aus dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" werden Gesetz. Die Reaktionen auf den Beschluss der Staatsregierung vom Mittwoch sind naturgemäß unterschiedlich. Für die ÖDP, die das Volksbegehren initiiert hat, ist die Entscheidung ein Riesenerfolg. "Ich find' das super", sagt Rosi Reindl, ÖDP-Vorsitzende im Landkreis Ebersberg - nicht zuletzt "weil wir uns einen Haufen Arbeit und Geld sparen". Die Vorbereitung für einen Volksentscheid, "die macht man ja nicht in einem Nachmittag", so die Glonnerin. Ein solcher wäre die Folge gewesen, hätte die Staatsregierung sich das Begehren nicht zu eigen gemacht. "Wir haben eigentlich für den Sommer schon viel Arbeit auf uns zukommen sehen." Sie begrüße es auch sehr, dass der Text des Volksbegehrens jetzt als Basis für weitere Regelungen diene, für "ein großes Paket für Artenschutz und die Landwirtschaft", wie es der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) formuliert hat. Der Landtag könne jetzt strenge Vorgaben wie etwa ein Walzverbot auf Grünlandflächen nach dem 15. März für die Landwirte "praxistauglich" formulieren und regionalisieren. Die doch überraschende Entscheidung der Staatsregierung aus CSU und Freien Wählern - bis vor kurzem hatte die CSU das Volksbegehren ja vehement abgelehnt -, kommentiert Reindl mit den Worten: "Wir zwingen die CSU jetzt dazu, endlich das zu tun, was sie immer in ihren bunten Flyern versprochen hat."

Der Grafinger CSU-Landtagsabgeordnete Thomas Huber sagt dazu: "Das ist Demokratie! Wir nehmen den Wunsch der Menschen nach mehr Artenschutz sehr ernst." Dass aber viele Bauern, die sich bei ihm meldeten, "mit Unverständnis und Enttäuschung" reagierten, sei nachvollziehbar.

Der Obmann des Bauernverbands im Landkreis, Franz Lenz, selbst seit mehr als 25 Jahren Biolandwirt, hatte sich im Vorfeld schweren Herzens kritisch gegenüber dem Volksbegehren geäußert und davor gewarnt, dass es im Erfolgsfall Eins zu Eins umgesetzt werden könnte, das heißt, mit all seinen vom Bauernverband kritisierten weitreichenden Forderungen. Als Zielvorstellung finde er die Inhalte ja "in Ordnung", so Lenz, nicht aber als absolute Vorgabe. In dem Zusammenhang nennt er insbesondere die Umwandlung von 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in ökologisch genutzte Flächen bis 2030. Produktion und Absatz müssten sich immer die Waage halten. "Es darf keine Überproduktion geben", nicht nur weil dann die Preise fielen, was letztendlich wieder auf Kosten der Landwirte gehe. Der Verkauf ökologisch produzierter Ware habe sich über 20, 30 Jahre entwickelt, und er glaube nicht, erklärte Lenz, dass sich der Absatz einfach von heute auf morgen so stark erhöhen lasse. Auch die Verarbeiter ökologischer Produkte wie der Naturlandverband seien darauf wohl nicht eingestellt. Vielmehr sei ein Entwicklungsprozess nötig, der die Kapazitäten langsam steigere.

Lenz hofft nun auf das von der Staatsregierung angekündigte Ausgleichsgesetz, für das der Bauernverband fordert, dass "unter anderem beim Walzverbot, bei den Mähzeiten und bei den Biotopen praxistaugliche und rechtssichere Lösungen gefunden werden". So wie er das sehe, sagte Lenz, "scheint mir das jetzt die vernünftigste Lösung zu sein."

"Korrekturen und Klarstellungen" fordert auch CSU-Mann Huber, der in einer Pressemitteilung an die Bürger appelliert hatte, das Begehren nicht zu unterstützen. Die Situation habe sich nun geändert, sagt er. Im Wahlkampf für das Volksbegehren seien die Landwirte als "Hauptverantwortliche für das Artensterben hingestellt" worden, das habe er nicht zulassen wollen. "Gleichzeitig brauchen wir unsere Landwirte. Deswegen nutzen wir jetzt die Situation, um daraus etwas Besseres zu machen: sowohl für den Artenschutz als auch für die Landwirte." Einer Art "Generationen- und Gesellschaftsvertrag", der Umweltschutz und Landwirte näher zusammen bringe, müsse den Landwirten ermöglichen, die "geforderten Maßnahmen nach fachlicher Praxis umsetzen" zu können. Der Freistaat werde nun "massiv investieren", finanzielle Anreize für Landwirte attraktiver gestalten, indem etwa das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) und das Vertragsnaturschutzprogramm erhöht, der Biolandbau besser gefördert und für einen Ausgleich beim Schutz der Gewässerrandstreifen sorgt werde. Huber befürwortet es auch, ein Schulfach "Alltagskompetenzen" einzuführen, womit er wohl eine Forderung des Bauernverbands übernimmt, bereits in der Schule mehr Wissen über Ernährung, Lebensmittelerzeugung, Landwirtschaft sowie den Arten- und Naturschutz zu vermitteln.

Junglandwirte sollen beim Berufseinstieg besser gefördert, Landwirte insgesamt besser unterstützt, Verbraucher und Kommunen beteiligt werden. "Letztendlich sind wir alle gefragt", sagt auch Rosi Reindl: im Hinblick darauf, ob wir unsere eigenen Gärten insektenfreundlich gestalten genauso wie auf unser Einkaufsverhalten. Dem kann auch Franz Lenz zustimmen. "Letztlich hat es der Verbraucher in der Hand."

© SZ vom 05.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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