Arbeit:Die Turbo-Vermittler

Lesezeit: 3 min

Von Juni an wollen Landkreis, Jobcenter und Arbeitsamt ein neues Angebot starten: Ein Job-Café soll Langzeitarbeitslosen den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Für Langzeitarbeitslose sollen neue Möglichkeiten geschaffen werden, wieder einen Job zu finden. Im Frühsommer wird dazu ein gemeinsames Angebot von Landkreis, Arbeitsagentur und Jobcenter unter dem Namen Job-Café starten. Dieses soll zunächst ein Jahr lang laufen, bei Erfolg könnte es danach fortgesetzt werden.

Die Arbeitslosenquote im Landkreis Ebersberg ist zwar rekordverdächtig niedrig - im Februar lag sie bei gerade mal 2,5 Prozent -, dennoch gibt es ein Problem. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen, also derjenigen, die ein Jahr oder länger ohne Beschäftigung sind, bleibt relativ stabil. Derzeit liegt sie laut Hermann Schmidbartl, dem Leiter des Jobcenters, bei rund 630 Personen, dies entspricht etwa dem statistischen Mittel der vergangenen sechs Jahre. Trotz anziehender Konjunktur und damit einhergehender stärkerer Nachfrage nach Arbeitskräften ist bei den Langzeitarbeitslosen also kaum Besserung in Sicht. Das hat vor allem eine Ursache: Dem Jobcenter fehlt es an Mitteln zum Vermitteln. Hintergrund ist der sogenannte Problemdruckindikator, der bestimmt, wie viel Geld pro Fall zur Verfügung steht. Diese Summe fällt umso höher aus, je größer die Arbeitslosigkeit in der entsprechenden Region ist - für Ebersberg mit seinen nur 2,5 Prozent Arbeitslosen bedeutet dies: Es gibt für das hiesige Jobcenter kaum Geld für Eingliederungs- und Qualifizierungsmaßnahmen oder sonstige Unterstützung für ein neues Berufsleben.

Genau diese Hilfen soll es im neuen Job-Café nun von Juni an geben. Man wolle den Langzeitarbeitslosen einen "Vermittlung-Turbo" anbieten, sagt Schmidbartl. Konkret bedeutet dies, dass die Mitarbeiter des Job-Cafés mit den Arbeitslosen zusammen etwa Bewerbungen schreiben oder gemeinsam überlegen, wo sich wer am besten um eine neue Anstellung bemühen kann. Auch Vorbereitungen auf Bewerbungsgespräche soll es geben. So könnten sich die Job-Café-Mitarbeiter etwa über den potenziellen neuen Arbeitgeber ihrer Klienten im Internet informieren und hilfreiche Tipps geben, worauf man beim Vorstellungsgespräch achten muss, beispielsweise welche Qualifikationen ein Bewerber besonders betonen sollte. Auch Fortbildungen sollen angeboten werden, erklärt Schmidbartl. So soll das Job-Café mit seinen voraussichtlich sechs PC-Arbeitsplätzen vormittags zu den regulären Öffnungszeiten der Arbeitsagentur und des Jobcenters für den normalen Betrieb zur Verfügung stehen. Nachmittags könnte es dort dann Kurse für Gruppen geben wie etwa Computerschulungen.

Das Angebot soll sich nicht nur an die Kunden des Jobcenters richten, auch für Bezieher von Arbeitslosengeld ist das Job-Café gedacht, so Schmidbartl. Etwa wenn jemand nach mehr als einem halben Jahr noch immer keine neue Stelle gefunden oder in Aussicht habe. Denn da sei die Gefahr groß, dass aus dem Arbeitslosengeld bald Hartz IV wird und man wolle die Leute erreichen, "bevor sie da durchrutschen". Denn egal, ob jemand in die Zuständigkeit des Arbeitsamtes oder des Jobcenters falle, wichtig sei, dass er so schnell wie möglich eine Beschäftigung erhalte. "Je länger jemand arbeitslos bleibt, desto schwerer fällt der Wiedereinstieg in den Beruf."

Was nicht nur an eventuell veralteter Qualifikation liegt, sondern auch an Problemen des Alltags, wie Schmidbartl erklärt. Viele Langzeitarbeitslose hätten "multiple Hemmnisse". Das können psychische Erkrankungen sein, genau wie Überschuldung, Alkohol- und Drogenprobleme sowie familiäre Schwierigkeiten. Daher käme auch nur etwa ein Drittel der momentan vom Jobcenter betreuten Langzeitarbeitslosen für das neue Angebot infrage. "Nicht alle sind so marktnah, dass man sie sofort ins Job-Café schicken könnte", so Schmidbartl. Bei jenen, die das Angebot aber nutzen können, seien die Chancen auf einen neuen Job relativ gut, meint Schmidbartl. Er kenne ähnliche Angebote vom Münchner Jobcenter, wo er bis 2012 gearbeitet hat, dort habe man sehr gute Erfahrungen damit gemacht.

Wann genau das Job-Café eröffnen wird, ist aber noch nicht klar. Denn betrieben werden soll es nicht vom Jobcenter oder vom Landkreis sondern von einem Bildungsträger, sagt Schmidbartl. Daher müsse man das Angebot zunächst ausschreiben, voraussichtlich Anfang Juni, spätestens aber im Juli soll es losgehen. Wo man das Job-Café dann findet, hängt davon ab, wo der Träger geeignete Räume findet. Diese sollen nicht weiter als zehn Fußgängerminuten vom Jobcenter entfernt liegen, das habe man dem Betreiber zur Auflage gemacht. Idealerweise könnten Job-Café und Jobcenter sogar im selben Haus liegen, hofft Schmidbartl, denn dort, wo sich seine Behörde eingemietet hat, seien derzeit Büroflächen zu vermieten.

© SZ vom 25.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: