Anzing:Kuscheln mit Waschbrett

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Uwe Reckmann und seine Mannen sowie Sängerin Valerie McCleary bringen ein Stück Atmosphäre der grünen Insel in den Weinbeißer. (Foto: Christian Endt)

Vor knapp 20 Jahren spielte "Just Skiffle" erstmals im Weinbeißer. Nun gab es ein Comeback

Von Sandra Langmann, Anzing

"Please allow skiffle playing here", sagt Uwe Reckmann, während er seinem Banjo die ersten Klänge entlockt. Mit sympathischer Zahnlücke, weißem Haar und in schwarzer Kleidung nimmt er mit seiner Band Just Skiffle inmitten der Gäste im Weinbeißer Platz. Die vier Musiker stehen mitsamt Instrumenten - Gitarre, Kontrabass und Waschbrett - auf der Bühne eng aneinander gepresst. Fast so "kuschelig", wie es auch die Zuschauer an den Tischen im Weinbeißer haben. Und fast so gemütlich wie vor fast 20 Jahren, als die Band das erste Mal ihren Auftritt in Anzing hatte.

Conny Hoffmann, ehemaliger Pächter und seit diesem Jahr wieder Organisator der neuen Kleinkunstreihe, erinnert sich noch genau daran, als er "Just Skiffle" das erste Mal in den Weinbeißer holte. Auf der 50. Geburtstagsfeier eines Freundes 1997 war er auf die Musiker aufmerksam geworden, die sich dieser Musik verschrieben hatten. Damals noch eher unbekannt, hatten sie 1998 einen ihrer ersten Auftritte im Weinbeißer und wurden somit zum festen "Inventar", wie Hoffmann verrät. Nach zehnjähriger Pause und im Zuge des neuen Kleinkunstprogramms "musste diese Band wieder dabei sein", sagt er. "Den Weinbeißer gibt es jetzt wieder, und sie gehören einfach dazu". Und auch Reckmann freut sich, wieder dabei sein zu dürfen - auch wenn sich im Laufe der Jahre einiges geändert hat. "Die Räumlichkeiten sind jetzt viel größer, früher war es deutlich enger", erinnert sich der Sänger und Banjo-Spieler. Damals sei es noch intimer gewesen, wie ein Wohnzimmer. Nun habe man den Weinbeißer professionell hergerichtet Auch das Publikum habe sich verändert. Es ist mit Hoffmann und den Mitgliedern der Skiffleband älter geworden. Auch während der Songs in Country-Rhythmen und mit Einflüssen von Jazz schwärmt Reckmann von der Zeit damals, erzählt von den Auftritten gemeinsam mit der Geigerin Martina Eisenreich und von anderen tollen Abenden.

Dieses Mal haben sie wieder einen besonderen Überraschungsgast mitgebracht - die irische Sängerin Valerie McCleary. Fast unauffällig, und mit geblümter Bluse, nimmt sie inmitten der Musiker Platz. Doch schon die ersten Töne verraten, dass da keine Amateurin sitzt. Gefühlvoll verleiht sie dem Lokal irische Atmosphäre. Mal leise und zart, dann wieder kratzig und laut, aber mit viel Gefühl, singt sie vom "Lone Ranger" oder dem Mann, den sie einst so geliebt und dann gehen ließ - als Zuhörer bekommt man eine Gänsehaut. Und das, obwohl das ihr erster Auftritt nach einer Operation ist, bei der ihr ein Abszess von den Stimmbändern entfernt wurde. Kein leichtes Unterfangen für eine erfolgreiche Sängerin.

Trotz der langen Pause hat die Skiffle-Band nichts an Charme und Können eingebüßt. Davon ist vor allem der langjährige Fan Dieter Müller begeistert, der auch 1998 bei ihrem ersten Auftritt im Weinbeißer dabei war. "Es ist faszinierend, was Reckmann mit den Texten macht", schwärmt Müller. Denn Reckmann singe nicht etwa nur auf Englisch, sondern schaffe es, die Lieder ins Deutsche oder gar ins Bairische zu transportieren. "Und das, ohne dass der Sinn dabei verloren geht", so Müller. Uwe Reckmann verrät, dass er schon immer den Text der Songs genauer ergründen wollte. Doch eins zu eins könne man den Inhalt keinesfalls übersetzten. "Ob's dann Bairisch oder Hochdeutsch wird, hängt vom Rhythmus ab", verrät der Hobbymusiker; man könnte meinen, dass da ein deutscher Johnny Cash vor einem sitze.

Eigentlich ist Reckmann aber, wie seine drei Musikerkollegen, Ingenieur. Geprobt wird daher eher selten oder kurz vor dem Auftritt. Da kann es schon einmal passieren, dass der Einsatz nicht ganz stimmt oder nicht jeder Ton gleich getroffen wird. Doch das tut nichts zur Sache - denn "Just Skiffle" vermitteln Lebensfreude und verlangen dafür auch keinen Eintritt. Dafür geht Conny Hoffmann später mit einem seiner berühmten Hüte durch das Publikum und "sammelt" - in diesem Fall für Valerie McCleary. "Sie muss doch davon leben!", erklärt er.

Bis heute kann auch Uwe Reckmann übrigens nicht genau sagen, was der Begriff "Skiffle" eigentlich bedeutet. Nur so viel, dass in Zeiten der Sklaverei einfache Behelfs-Instrumente wie beispielsweise das Waschbrett oder auch Blechwanne Eimer, Tonne und Gießkanne verwendet wurden, um Musik zu machen. Eines steht aber fest: Diese Musik verbreitet gute Laune, sorgt für eine gelöste, heitere Stimmung und regt zum Mitsingen an - wie das Publikum im Weinbeißer stimm- und tatkräftig bewiesen hat.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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