"Wild Hogs" (wilde Schweine), der Name klingt martialisch und kampfeslustig. So gesehen passt er recht gut zu der in Anzing neu gegründeten Rugby-Mannschaft und natürlich auch zur Lage am Rande des Ebersberger Forstes. In diesem Jahr war die hierzulande kaum bekannte Sportart erstmals olympische Disziplin. Grund genug für Markus Kraus und seinen Freund Christian Mühlhaber ein Team zu bilden, mit all jenen, die Lust haben, einmal die Woche am nicht ganz so wilden Training auf dem Anzinger Bolzplatz teilzunehmen. An diesem Donnerstag ist das Team klein: Vier Kinder und zwei Erwachsene spielen um den Ball, der eher einem Ei gleicht.
Eigentlich, so erzählt der Softwareentwickler, Fußballspieler und ehemalige Zehnkämpfer Kraus, sei ihnen die Idee gekommen, als sie ihren Söhnen mal bei einer Rauferei zusahen. Kleine Buben und wild hogs - da gibt es ja durchaus Gemeinsamkeiten. Warum also nicht die natürliche Rauf- und Lauflust der Kinder in die gemäßigten Bahnen einer Sportart lenken? Dass auch Mädchen den Bodycheck nicht scheuen, beweist Lena, die Tochter von Christian Mühlhaber. "Mir gefällt am Rugby, dass man andere auch mal umschmeißen kann", sagt sie kess.
Rugby-Regeln sind im Detail in etwa so einfach zu erklären wie passives Abseits beim Fußball. Die Spielidee in Kürze ist: Die zu Stürmern auserkorenen Mitglieder der Mannschaft haben die Aufgabe, den Ball zu erkämpfen, um ihn einem der im hinteren Spielfeld positionierten Backs zuzuwerfen. Würfe nach vorne sind verboten. Gelingt der Wurf, muss die Mannschaft in Ballbesitz den Schatz durch die gegnerischen Reihen tragen und hinter der Torlinie der Gegner niederlegen. Auf dem Weg dorthin empfiehlt es sich, den Ball fest unter den Arm zu klemmen, denn die anderen versuchen, dem Läufer den Schatz abzujagen. Dies geschieht - im Spiel der Profis - durch zuweilen rabiate Manöver. "Wir machen das hier eher sanft und symbolisch", sagt Kraus. "Etwa durch Bändchen, die hinten an der Hose befestigt sind. Wenn es jemandem gelingt, dieses rauszuziehen, dann gilt das ebenso als Stopp."
Weil in Anzing Rugby light gespielt wird, gibt es keine Beschränkung für Mitspieler. "Letztes Mal waren wir elf, der jüngste Spieler ist sechs, der älteste 45", sagt Kraus. Fit sollte man aber sein, denn das andauernde Gerenne, das nichts, aber auch gar nichts mit dem statischen Ball-hin-Ball-her-Gekicke mancher Elf gemein hat, ermüdet rasch. Schon nach wenigen Minuten sind die beiden Väter rot im Gesicht und rufen eine Halbzeitpause aus.
Michael, einer der Buben, ist vom Rugby begeistert. Er hat die Ankündigung im Gemeindeblatt entdeckt und sich entschlossen mitzumachen. "Es ist toll, dass man sich da so viel bewegt. Der Sport ist eine Mischung aus Werfen, Laufen und Fangen." Anders als beim Fußball dürfe man hier die Hände benutzen. Sagt es und übt weiter den Kick aus der Hand, der darin besteht, den Ball fallen zu lassen und ihn noch vor dem Bodenkontakt mit der Fußspitze weiter zu kicken.
Nachdem sich alle eingespielt haben, werden Trikots verteilt. Die Mannschaftsaufstellung ist den Umständen entsprechend exotisch. Es spielen drei Jungs gegen ein Mädchen und zwei Männer. Es gebe zwei Formen beim Rugby, erklärt Markus Kraus. Das "Siebener-Rugby", bei dem zu jeder Mannschaft sieben Leute gehören. Und "Rugby Union", das von je 15 Spielern ausgetragen werde. Doch solche Formalien sind den Kindern egal. Sie sind mit Feuereifer bei der Sache. Und Michael weiß noch ein weiteres Argument, das für Rugby als Freizeitsport spricht: "Man schläft danach so richtig gut!" Das ist, wie man weiß, auch für die wildesten Schweine wichtig.
Rugby für jedermann wird in den Ferien jeden Donnerstag um 18.30 Uhr auf dem Bolzplatz gespielt, Ecke Zornedinger Straße und Buchenstraße.