Anklage wegen Volksverhetzung:Über das Ziel hinausgeschossen

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Ein diffamierender Facebook-Kommentar bringt einen Mann vor das Ebersberger Amtsgericht

Auch wenn man im Internet schnell und einfach seine Meinung kundtun kann, bewegt man sich deshalb noch lange nicht in einem rechtsfreien Raum - das musste nun ein 39-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis feststellen, der sich wegen Volksverhetzung am Ebersberger Amtsgericht zu verantworten hatte. Bereits vor zwei Jahren hinterließ der Mann unter einem Facebookbeitrag der heutigen SPD-Familienministerin Franziska Giffey einen Kommentar, der es in sich hatte. Das kam ihn nun teuer zu stehen.

Die Politikerin veröffentlichte auf ihrer Seite im Februar 2017 einen Eintrag, in dem sie über die Neueröffnung eines Flüchtlingsheims in Berlin-Neukölln berichtete. Das gefiel dem Angeklagten - selbst gebürtiger Berliner - offenbar so gar nicht. In drastischen Worten diffamierte er in seinem Kommentar die Bewohner der Unterkunft, die er dort unter anderem als ein "Dreckspack" bezeichnete. Für die Staatsanwaltschaft stand deshalb fest, dass diese Äußerung das Potenzial dazu hatte, das politische Klima in der Bundesrepublik aufzuheizen.

Etwas derartiges habe er zu keinem Zeitpunkt im Sinn gehabt, beteuerte der Mann allerdings vor dem Amtsgericht. Ihm sei es einzig und allein darum gegangen, die SPD ein bisschen anzugreifen und auf eine mögliche Sicherheitsproblematik durch die neue Flüchtlingsunterkunft hinzuweisen. "Aber die SPD kommt da drin doch mit keinem Wort vor", merkte Amtsrichterin Vera Hörauf an. Und auch der Anwalt des Angeklagten konnte nicht verhehlen, dass sein Mandant "vollkommen über das Ziel hinausgeschossen" sei.

Er habe einfach nicht verstanden, warum man gerade in einem solchen sozialen Brennpunkt auch noch eine Unterkunft bauen muss, so der Angeklagte. Das habe er mit seinem Kommentar deutlich machen wollen. Dem konnte Hörauf aber nicht so recht Glauben schenken: "Warum haben sie es dann nicht einfach so geschrieben?" Auch die Staatsanwaltschaft wies in ihrem Plädoyer darauf hin, dass es sicherlich andere Möglichkeiten gegeben hätte, sich gegen ein solches Bauvorhaben auszusprechen.

In der Verhandlung am Donnerstag ging es dem Angeklagten und seinem Anwalt vor allem darum, Einspruch gegen die bereits zuvor festgesetzte Geldstrafe einzulegen. Unter Berufung auf die berufliche Situation des Mannes, der täglich mit dem Auto in die Arbeit pendeln müsse, einigte man sich nun auf einen Betrag von 20 Euro pro Tag. An den 80 Tagessätzen hielt Richterin Hörauf aber fest, was nicht zuletzt am bereits gut gefüllten Vorstrafenregister des Angeklagten lag. Sie hoffe, er habe aus der ganzen Sache gelernt, gab die Vorsitzende dem Mann abschließend noch mit auf den Weg. "Und drücken Sie sich nächstes Mal einfach so aus, wie Sie es auch tatsächlich meinen."

© SZ vom 01.03.2019 / AJU - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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