Ärger über neue EU-Vorschrift:Vom Acker gemacht

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Landwirte müssen in diesem Jahr erstmals fünf Prozent ihrer Anbauflächen für ökologische Zwecke stilllegen. Dafür bekommen die Bauern aber kein Geld. Im Gegenteil: Wer nicht mitmacht, risikiert Fördermittel

Von Anselm Schindler, Ebersberg

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Landwirte unter bürokratischen Verordnungen ächzen und deshalb auf Brüssel schimpfen. Doch nun ist der Ärger besonders groß: Seit diesem Jahr müssen die Bauern im Landkreis fünf Prozent ihrer Äcker für ökologische Zwecke stilllegen. Tun sie das nicht, dann droht eine Streichung der EU-Fördergelder. Eine Entschädigung bekommen die Landwirte für die durch das sogenannte Greening ausfallenden Flächen, allerdings nicht.

Im Märzen der Bauer ... die Flächen stilllegt. In diesem Jahr dürfen Landwirte erstmals fünf Prozent ihrer Felder nicht bestellen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Franz Lenz, Kreisvorsitzender des Ebersberger Bauernverbandes, ist selbst von der Maßnahme befreit. Denn Kartoffeln, Getreide oder Rindfleisch, die auf seinem Hof produziert werden, tragen das Gütesiegel Bio. Ohnehin versuche er der Natur möglichst viel Spielraum zu lassen.

Dieser Spielraum wird von der Mehrzahl der konventionelle Bauern nun zwangsmäßig eingefordert. Viele seiner Kollegen würden zwar die ökologischen Beweggründe verstehen, erklärt Lenz. Doch der damit verbundene "Verwaltungskram" würde nur "verständnisloses Kopfschütteln" hervorrufen. Es herrsche das Gefühl vor, "dass da irgendwelche Bürokraten Gesetze machen und wir müssen das dann ausbaden", sagt Lenz.

Bis spätestens 15. Mai müssen die Landwirte das erste Mal nachweisen, dass sie die Neuregelung einhalten. Denn dann endet die Abgabefrist für die jährlich zu stellenden Förderanträge für die europäischen Agrarsubventionen. Der Antrag sei ohnehin schon kopmpliziert, wie Friedrich Nebel vom Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Ebersberg bestätigt. Durch das verordnete Greening wird es nicht leichter.

Für die Ausweisung der Ackerflächen gebe es ein eigens entwickeltes Computer-Programm, erklärt Nebel. Seine Behörde muss Stichproben durchführen, ob das Greening auch eingehalten wird. Kontrolliert wird aber erst, wenn die Bauern die Flächen in ihren Anträgen ausgewiesen haben. Dabei sind Kreisobmann Franz Lenz zufolge die Regelungen der EU dermaßen undurchsichtig, dass seine Kollegen trotz bestem Willen Gefahr liefen, Verstöße zu begehen. Denn das Regelwerk, das die Bauern für die Agrarförderung beachten müssen wiegt schwer in der Hand, es umfasst rund 70 Seiten.

Das Greening soll, geht es nach den dahinterstehenden Interessengruppen von Umweltverbänden bis hin zum Jagdverband, dem Artenreichtum wieder Platz zum Atmen geben. Feldraine, wuchernde Blumenwiesen und Hecken gehören auf den Ackerflächen längst der Vergangenheit an. Dabei sind sie Rückzugsraum für diverse Tier- und Pflanzenarten. Zu ihnen gehört beispielsweise das Rebhuhn, eine Vogelart, die bereits seit vielen Jahren in der Roten Liste der gefährdeten Arten geführt wird.

Und so kommt es, dass neben der Kritik am Greening positive Stimmen von Seiten der Naturschutzverbände laut werden: "Wir begrüßen so etwas im Regelfall", sagt Olaf Rautenberg. Der Vorsitzende der Ebersberger Kreisgruppe des Bund Naturschutz sieht aber auch die Probleme, die bei der Umsetzung für die Landwirte entstünden. Auch vor dem Greening habe es schon Schwierigkeiten gegeben, ökologische Vorgaben einzuhalten.

Zuspruch für die neue EU-Vorgabe kommt auch von Seiten der Jagdverbände. Franz Otter, Vorsitzender der Jäger im Landkreis, sieht im Greening eine Chance, dass sich die ökologische Vielfalt erholt. Keinesfalls will er aber den Landwirten "den schwarzen Peter zuschieben", wie er sagt. Diesen sei es durch den Strukturwandel, durch die immer größeren Betriebe und die tendenziell sinkenden Lebensmittelpreise oft gar nicht möglich, ausreichend auf das Ökosystem zu achten.

© SZ vom 12.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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