Drama :Träume sind Seifenschäume

Lesezeit: 1 min

"Kajillionaire", der jüngste Streich der Künstlerin Miranda July, ist ein famoser Mix aus Familienfilm, Gesellschaftssatire und Gaunerkomödie.

Von Josef Grübl

Wenn das mal kein Angebot ist: Nur 9499 Dollar soll der Whirlpool kosten, für 150 Dollar kann man ihn mitnehmen, der Rest ist in Raten abzustottern. Da kann Papa Robert (Richard Jenkins) nicht widerstehen: Er kauft das Ding, auch wenn er gar keinen passenden Platz dafür hat. Mit seiner Frau Theresa (Debra Winger) und der erwachsenen Tochter Old Dolio (Evan Rachel Wood) haust er in einem ehemaligen Büro, die Schreibtische und Stühle stehen noch herum. Nebenan ist eine Seifenfabrik, die in regelmäßigen Abständen viel zu viel produziert. Dann stehen die drei in ihrem Wohnbüro und schöpfen mit Eimern rosa Seifenschaum von den Wänden. Klingt absurd? Ist es auch: Kajillionaire, der neue Film der amerikanischen Allround-Künstlerin Miranda July, kommt als famoser Mix aus Gesellschaftssatire, Familiendrama und Gaunerkomödie daher. Denn eigentlich sind Robert, Theresa und Old Dolio Trickbetrüger, sie klauen Wertsendungen aus Postfächern oder fliegen von Los Angeles nach New York und zurück - nur um die Fluggepäckversicherung zu prellen. Erfolgreich sind sie damit nicht, statt Bargeld ergaunern sie Massagegutscheine, für den Whirlpool sind 29 Prozent Zinsen fällig. Auch ihr Einstieg ins Antiquitätengeschäft verläuft anders als erhofft. Dann taucht eine junge Frau (Gina Rodriguez) auf und bringt das seltsame Familienunternehmen durcheinander.

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Wie in ihren Vorgängerfilmen Ich und du und alle, die wir kennen und The Future entführt Miranda July in abwegige Gedankenwelten, wie in ihrem Roman "Der erste fiese Typ" (den die Münchner Kammerspiele vor drei Jahren in einer viel bejubelten Inszenierung auf die Bühne brachten) beschreibt sie außergewöhnliche Lebens- und Familienaufstellungen. Der Humor ist bizarr, die Ideen der Regisseurin überraschen und berühren. Denn eigentlich erzählt sie eine traurige Geschichte über eine Familie, die nur nach den Regeln des Marktes zu funktionieren scheint. Einmal bietet Old Dolio (deren Namen natürlich eine extra absurde Bedeutung hat) ihrer Mutter 1 500 Dollar an, wenn diese nur ein nettes Wort zu ihr sage. Diese antwortet darauf: "Du willst aus uns Leute mit freundlichen Fassaden machen."

Kajillionaire , Regie: Miranda July

© SZ vom 21.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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