Documenta in Kassel:Münchner bestimmen über künstlerische Leitung mit

Lesezeit: 2 min

Einer der drei Münchner ist Matthias Mühling - designierter Nachfolger des jetzigen Lenbachhaus-Direktors Helmut Friedel. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wer die nächste Documenta übernehmen will, kommt an der Landeshauptstadt kaum vorbei: Gleich drei derzeitige und frühere Münchner bestimmen mit über die künstlerische Leitung. Einen Nachteil hat die Berufung in die Findungskommission allerdings: Wer drin sitzt, kann nicht die Kunstschau in Kassel leiten.

Von Franz Kotteder

Wer die künstlerische Leitung der nächsten Kasseler Documenta im Jahr 2017 übernehmen will, kommt an München kaum vorbei. Denn in der neuen, achtköpfigen Findungskommission, die an diesem Wochenende erstmals in Kassel zusammentrifft, befinden sich nicht weniger als drei derzeitige und ehemalige Münchner: Chris Dercon, Susanne Gaensheimer und Matthias Mühling. Die anderen fünf Mitglieder kommen aus Portugal, Seoul, Dakar, Warschau und Mexico-City. Man kann also sagen: München spielt als Kunststadt durchaus noch eine Rolle im internationalen Geschehen.

Freilich muss man zugeben: Die drei wurden nicht direkt deshalb berufen, weil sie etwas mit München zu tun haben oder hatten. Der gebürtige Belgier Chris Dercon, 54, leitet heute die Londoner Tate Gallery of Modern Art, eines der wichtigsten Museen für zeitgenössische Kunst in Europa. Zuvor aber war er acht Jahre lang bis März 2011 Direktor des Hauses der Kunst in München gewesen und hatte damit seine internationale Karriere so richtig begonnen. Durch die von ihm kuratierten Ausstellungen mit Künstlern wie Rem Koolhaas, Patti Smith, Zaha Hadid, Christoph Schlingensief oder Ai Wei Wei wurde man in London erst auf ihn aufmerksam.

Susanne Gaensheimer hingegen ist sogar gebürtige Münchnerin. Die 46-jährige promovierte Kunsthistorikerin leitete von 2001 bis 2009 die Sammlung für Gegenwartskunst in der städtischen Galerie im Lenbachhaus. Danach wurde sie zur Direktorin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt berufen, 2011 durfte sie den deutschen Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig kuratieren. Der von ihr und Christoph Schlingensiefs Witwe eingerichtete Pavillon erhielt damals prompt den "Goldenen Löwen" für den besten Pavillon. Auch in diesem Jahr darf Gaensheimer in Venedig kuratieren.

Der Dritte im Bunde kommt ebenfalls aus dem Lenbachhaus: Matthias Mühling, Nachfolger von Gaensheimer und designierter Nachfolger des jetzigen Lenbachhaus-Direktors Helmut Friedel von 2014 an. Mühling wurde übrigens erst vor einigen Monaten bestellt, auf Vorschlag einer Dreierkommission, der neben Friedel und Dercon auch Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) angehörte.

So kann man vielleicht auch verstehen, warum Küppers am Donnerstag bei einer Ortsbegehung des frisch sanierten Lenbachhauses ungewohnt vollmundig erklärte, dessen Wiedereröffnung im Mai werde "das europäische Kunstereignis des Jahres". Was man in Venedig vielleicht ein bisschen anders sieht. Fest steht aber, dass München wohl doch einen gewissen Ruf in der Kunstwelt hat.

Einen Nachteil hat die Berufung in die Findungskommission allerdings schon: Wer da drinsitzt, kann nicht die Documenta leiten. Deren nächster Chef oder nächste Chefin dürfte also kaum aus München kommen.

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: