Diskussion über die Pauschale:Der Weit-Pendler lacht über den Kurz-Pendler

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Ein Haus im Grünen und täglich mit dem Auto zur Arbeit in die Stadt fahren - das schadet der Umwelt, bringt aber trotzdem Geld. OB Ude wettert gegen die Vergünstigungen für Autopendler.

Berthold Neff

Im Grünen wohnen, in der Stadt arbeiten - und die Distanz dazwischen jeden Tag mit dem Auto bewältigen. Für Umweltschützer ist das ein Albtraum, aber für hunderttausende Menschen im Großraum München längst tägliche Realität. Die alte Pendlerpauschale, die ohne Kilometer-Einschränkung galt und es Arbeitnehmern ermöglichte, für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz bis zu 4500 Euro pro Jahr steuermindernd beim Finanzamt geltend zu machen, hat den Trend zum Pendeln noch verstärkt.

Autos fahren in Muenchen am Mittleren Ring im Feierabend-Verkehr. Die neue Pendlerpauschale begünstigt die Bewohner des Umlandes. (Foto: Foto:)

Bis zu 40 Cent konnten Pendler pro Kilometer in der Steuererklärung geltend machen - seit 2001 unabhängig davon, ob sie mit dem Auto, dem MVV, dem Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit gelangten. Seit 2007 ist Schluss damit. Nur wer zur Arbeit mehr als 20 Kilometer zurücklegt, kann dies mit 30 Cent für die Kilometer jenseits der 20 als Werbungskosten geltend machen - was nun das Bundesverfassungsgericht überprüft.

Sinnvoller, Anreize zum Energiesparen zu schaffen

Tatsache ist, dass die derzeitige Regelung vor allem jene begünstigt, die sich draußen im Umland, oft in Orten ohne S-Bahn-Anschluss, ein Haus im Grünen gekauft haben und nun mit dem Auto zur Arbeit in die Stadt fahren. Deshalb ist OB Christian Ude ein Gegner der Pendlerpauschale, "weil sie es den Leuten auf Kosten der Steuerzahler erleichtert, sich weit weg von den Städten anzusiedeln".

Es wäre sinnvoller, Anreize zum Energiesparen zu schaffen, sagt Ude. Er lässt sich in seiner Haltung auch dadurch nicht beirren, dass viele SPD-Politiker - darunter auch der Münchner SPD-Chef Franz Maget - nun mit der CSU die Rückkehr zur alten Pauschale fordern.

Von einem vollen Satz profitierten zweifelsohne auch jene 417000 Bewohner des Umlands, die zur Arbeit von weit her nach München pendeln, weil sie die volle Distanz abrechnen könnten. Zwei Drittel fahren mit dem Auto, ein Drittel schafft die tägliche Distanz mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei viele von außerhalb des MVV-Gebiets kommen. Die wahren Gewinner aber wären jene Pendler innerhalb der 20-Kilometerzone, die bisher leer ausgehen.

650 000 Pendler für das jahr 2015 befürchtet

Das gilt für beide Richtungen: Da inzwischen viele Münchner Firmen ins Umland abgewandert sind, pendeln jeden Werktag 122000 Münchner über die Stadtgrenze. Im Landkreis München hat die Zahl der Einpendler die der Auspendler weit überschritten. Spitzenreiter ist Unterföhring, wohin täglich 15 000 Menschen zum Arbeiten fahren.

Die städtischen Planer rechnen inzwischen damit, dass selbst bei einem weiteren forcierten Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs der Anteil der Autofahrer unter den Pendlern weiter steigen wird. Für das Jahr 2015 befürchten sie 650000 Auto-Pendler pro Tag. Nur bei weiter steigenden Benzinpreisen käme das womöglich anders. Mit der aktuellen Steuerersparnis von etwa 440 Euro, bei einer Wegstrecke von 41 Kilometern und einem Jahreseinkommen von 30000 Euro, kann man schon heute nicht einmal mehr 300 Liter Benzin kaufen.

© SZ vom 19.07.2008/sueddeutsche.de/pir - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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