Die Stadt und ihr Fluss - Teil 5:Meine Isar

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Mitten in der Natur und doch in der Stadt: Fünf Münchner verraten ihre Lieblingsplätze am Fluss und wann man sie dort antrifft.

Protokolle: Astrid Becker, Anne Goebel, Christian Mayer, Tanja Rest.

Auf einer Länge von 14 Kilometern durchfließt die Isar die Stadt - und im Gegensatz zu schiffbaren Flüssen wie dem Rhein oder der Elbe scheint sie allein dafür da zu sein, den Münchnern Freude zu bereiten. Seit dem Beginn der Renaturierung werden schnurgerade Uferstreifen zu naturnahen Vergnügungsstränden, Betonriegel zu Erholungsinseln.

Steinmetz Eike Salberg trainiert fast täglich mit dem Kajak auf der Isar. (Foto: Foto: SZ / Haas)

Abgesehen von den obligatorischen Grillern, Skatern, Dauerläufern und Sonnenhungrigen haben wir fünf Münchner getroffen, für die der Stadtfluss eine besondere Bedeutung hat - als Arbeitsplatz, Kräutergarten oder einfach nur, um mal auf andere Gedanken zu kommen.

Eike Salberg, 42, ist Steinmetz, Bildhauer und Mitglied im Kanu-Club der Turngemeinde München: "Als begeisterter Kajakfahrer bin ich auf der Isar zu Hause. Wenn ich Zeit habe, trainiere ich täglich, bei Wind und Wetter; am Wochenende fahre ich allerdings auch gerne in die Berge. Die Gebirgsflüsse sind eben noch aufregender.

Unser Clubhaus liegt sehr idyllisch direkt am Kanal in der Zentralländstraße. Leider ist im August Niedrigwasser, erst im Frühjahr steigt der Wasserpegel wieder deutlich. Dann ist die Isar für uns Kajakfahrer am spannendsten, wenn die Elektrizitätswerke nicht zu viel Wasser für die Stromproduktion ableiten.

Neben meiner Arbeit als Steinmetz bin ich auch künstlerisch am Flussufer tätig - an der Isar mache ich Steingravuren. Zwischen der Wittelsbacherbrücke und der Braunauer Eisenbahnbrücke habe ich einen zwei Meter langen Kalkstein gestaltet, der jetzt wie eine Mumie aussieht. Den müssen Sie sich mal anschauen!"

Martin Fauster, 33, Küchenchef mit Stern im Restaurant "Königshof": "Die Brücke beim Aumeister hab' ich noch während meiner Zeit im ,Tantris' kennen gelernt. Damals, vor dem Neubau, war sie noch schön dunkel, aus altem Holz. Mit dem Chef, also mit Hans Haas, bin ich oft morgens hergekommen, wir haben Bärlauch gepflückt. Auch der Holler, der hier wächst, ist wunderbar.

Ich komme immer noch gern mit dem Fahrrad her. Die reine Natur, man würde nie denken, dass man in der Stadt ist! So ein Übergang über das Wasser, wenn du oben stehst und auf den grünen Fluss schaust und auf die milchig weißen Kiesel, das hat was.

Wasser hat mich schon immer fasziniert. Zu Hause in der Steiermark hatten wir einen Bach, der durch den Garten geflossen ist. Den habe ich geliebt als Kind. Später bin ich während meiner Ausbildung in Cancale am Atlantik gewesen. Zum ersten Mal in meinem Leben am Meer, das war großartig."

Asta Scheib, 66, Schriftstellerin: "Ein Sommertag mit Wüstenhitze über der Stadt. Wir laufen den schmalen Pfad an der Isar entlang, die unter der Sonne leuchtend dahinfließt. Schwere Gesteinsbrocken bringen malerische Unordnung ins weite grüne Flussbett. Zwei Hunde treiben Kopf an Kopf im Alpenfluss und sind schwer begeistert. Ich liebe die hitzezitternde Luft, die den immer neuen Bildern von Gestein, Gräsern, Blumen und Wasser ein magisches Leben gibt.

Martin Fauster pflückt am Fuß der Aumeister-Brücke duftende Kräuter. (Foto: Foto: Foto: SZ / Haas)

Unsere Insel ist erreicht, die Steintürme, von meiner Freundin Blanca gebaut, stehen immer noch da, nur die Holzskulptur scheint jemand zum Grillen verheizt zu haben. Die Kinder genießen ihr kleines Eiland mit Hingebung. Neben der Insel öffnet sich ein stilles Biotop, von Blancas Skulpturen eingerahmt, ein Kunstbau, hell, heiter und heilig. Und kostet keinen Cent Eintritt."

Harald Guzorn, 39, betreibt den Kiosk an der Reichenbachbrücke: "Ich arbeite hier seit neun Jahren, und ich kann mir keinen besseren Standort vorstellen als an der Isar. Es kommen wahnsinnig viele Spaziergänger hier vorbei, Jogger, Skater, Leute mit Hunden ... Wir haben fast ausschließlich mit sehr gut gelaunten Menschen zu tun, weil die an der Isar ja ihre Freizeit verbringen. Dass hier mal jemand rumgepöbelt hätte, hat's noch nicht gegeben.

Das A und O sind natürlich die Leute, die bei gutem Wetter unten am Hochufer in der Sonne liegen oder abends Party machen. Dann ist im Kiosk die Hölle los. Viele von denen decken sich bei uns ja komplett ein: Grillkohle, Grillanzünder, Grillwürstchen, sogar den Grill bieten wir an, in der Einweg-Version oder zum Zusammenschrauben für 9,50 Euro. Und natürlich Bier, klar.

Die Ecke hier oben ist inzwischen mein zweites Zuhause. Aber selbst unten an der Isar gesessen bin ich noch nie. Vor eins, halb zwei am Morgen komm' ich ja nicht raus."

Henning Wiesner, 60, ist der zoologische Chef des Tierparks Hellabrunn: "Wenn es so richtig heiß ist, lege ich mich abends nach Dienstschluss in einen der Seitenarme der Isar, den Auer Mühlbach, der direkt durch Hellabrunn fließt. Es gibt für mich nichts Entspannenderes und Erfrischenderes, als mich von der Strömung treiben zu lassen.

Den Bach mit seinen Brücken und Wehren sollte man allerdings gut kennen - sonst ist so ein Bad viel zu gefährlich. Manchmal muss ich auch aus anderen Gründen ins Wasser hüpfen. Zum Beispiel, wenn eines meiner Tiere mal wieder einen Ausflug unternehmen will, wie erst vor kurzem unser Wasserschwein. Sogar meinen Hund musste ich mal herausziehen, er kam nicht gegen die Strömung an.

Ich übrigens auch nicht, auch wenn ich es sinnloserweise immer mal probiere. Seelöwen und Robben haben's da leichter. Unsere Molly ist mal aus ihrem Becken herausgekraxelt, hat sich in den Bach geworfen und ist bis zu den Flamingos geschwommen. Wir versuchten, sie einzufangen. Vergeblich. Sie drehte einfach um und schwamm ganz brav gegen die Strömung wieder zurück.

Derzeit ist es mir aber zu kalt für das Bad im Bach, deshalb spiele ich nun Wasserwacht für seltene Tiere - zum Beispiel für dieses ganz besonders schöne Exemplar eines Plüsch-Chamäleons."

© SZ vom 12.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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