Der Koffer:Neue Heimat

Das tierische und in jeder Hinsicht bunte Bilderbuch des Illustrators Chris Neylor-Ballesteros wirbt für Toleranz und Gastfreundschaft. "Für alle, die in der Ferne ein neues Leben begannen", hat der Künstler als Widmung in sein Buch geschrieben.

Von Elisabeth Menzel

"Eines Tages erschien ein seltsames Tier, das staubig, müde, traurig und ängstlich aussah." Sein großer Koffer erregt die Neugierde eines roten Vogels. "Hey! Hallo! Was ist in deinem Koffer?" Mit der Antwort "Eine Tasse" gibt sich der Vogel, zu dem sich noch Hase und Fuchs gesellt haben, nicht zufrieden. Dazu ist der Koffer viel zu groß. Also erklärt der Fremde, dass im Koffer auch noch ein Tisch und ein Stuhl seien, aus der Küche seines Zuhauses in einer Holzhütte, weit weg an einem Berghang gelegen. Die sehnsüchtige Erinnerung an das verlorene Zuhause des Fremden drückt der Illustrator Chris Neylor-Ballesteros in seinem Bilderbuch "Der Koffer" eindrucksvoll auf einer Doppelseite in melancholischen Brauntönen aus.

Als der Fremde dann vor Erschöpfung einschläft und von seiner dramatischen Flucht träumt, brechen die Tiere den Koffer aus lauter Neugier auf. Oh weh, dabei zerbrechen sie die schöne Tasse. Aber sie finden ein Foto von der Holzhütte des Fremden, und weil sie so ein schlechtes Gewissen haben, kleben sie die Tasse, stellen sie auf den Tisch und bauen ein neues Zuhause für den Fremden.

"Für alle die in der Ferne ein neues Leben begannen", hat der Künstler als Widmung in sein Bilderbuch geschrieben und wirbt damit für Toleranz und Gastfreundschaft. Seine bunten Figuren vor weißem Hintergrund bekräftigen mit Mimik und Körpersprache den sparsamen Text. Nur die letzte Seite ist anders gestaltet und signalisiert die tröstliche Botschaft, dass der Fremde ein neues Zuhause gefunden hat. (Ab 4 Jahre)

Chris Naylor-Ballesteros: Der Koffer. Sauerländer 2020, 14,99 Euro

© SZ vom 28.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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