Den Landtag als Ziel (4):Auf Stimmenfang im Wirtshaus

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Wegen des Rauchverbots begann er, sich für Politik zu interessieren: der Münchner Wirt Jürgen Koch. Nun will er für die FDP mit diesem Thema sogar in den Landtag.

Beate Wild

Jürgen Koch redet sich in Rage. Kein Wunder, es geht auch gerade um sein Lieblingsthema, das Rauchverbot. "Bayern ist komplett isoliert", wettert er. Andere Bundesländer würden sich doch auch einsichtig zeigen und wenigstens das Rauchen in den sogenannten Einraumkneipen erlauben. Doch hier im Freistaat zeige man kein Verständnis und keine Gnade für kleine Bars und deren Kunden.

"Leben und leben lassen" ist das Motto von Jürgen Koch. Für die FDP will er in den Landtag. (Foto: Foto: Beate Wild)

Koch kandidiert bei der Landtagswahl für die FDP, oberbayerische Landesliste, Platz 11. In der Politik ist er erst seit kurzem aktiv - wegen des Rauchverbots. "Derart in der unternehmerischen Freiheit eingeschränkt und in der persönlichen gegängelt zu werden, war zu viel für mich", schreibt der selbständige Gastronom auf seiner Internetseite. Als Ende des vergangenen Jahres das Nichtraucherschutzgesetz beschlossen wurde, gründete Koch mit anderen Wirten zusammen den "Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur".

Der Verein hat mittlerweile über 60.000 Mitglieder gewonnen. Gemeinsam kämpft man für eine Lockerung der strengen Nichtraucherregelung und sieht sich als Dachorganisation der bayerischen Raucherclubs. Gegen eine Gebühr von 15 Euro kann man einen Mitgliedsausweis erhalten und dafür in jeder Gaststätte, die dem Verein angehört, weiter rauchen.

Freiheit statt Bevormundung

"Aber uns geht es nicht nur um das Rauchverbot", erklärt Koch, "sondern um Freiheit statt Bevormundung für Menschen und Unternehmen." Man kämpfe gegen eine Verbotsgesellschaft. Also auch gegen Verbote im Englischen Garten, gegen das Versammlungsgesetz und gegen geplante Sanktionen beim Alkoholkonsum. "Bisher hat die bayerische Gesellschaft doch auch wunderbar funktioniert, warum soll diese liberale Haltung aufgegeben werden?", fragt Koch.

Gerade die bayerischen Grenzgebiete sieht Koch von dem strikten Rauchverbot betroffen. Er nennt sie "gastronomisch-bayerischer Brachgrenzlandstreifen" und meint damit, dass viele Raucher, die an der Grenze des Freistaats wohnen, zum Ausgehen lieber in benachbarte Länder flüchten, als die Gängelei des Nichtraucherschutzgesetzes über sich ergehen zu lassen.

Bisher kein einziger Wirt im Landtag

Der 39-Jährige ist gebürtiger Münchner - und er liebt seine Stadt. Aufgrund seines Berufes hat er insgesamt sieben Jahre im Ausland gearbeitet. "Genau deshalb weiß ich ganz genau, was ich an der Heimat habe, und will mich für sie und seine Bewohner einsetzen", sagt er. Bayern sei in Deutschland der Tourismusmagnet. Aber es gebe hier nicht einmal ein Tourismusministerium, das sich um die Belange dieses bedeutenden Wirtschaftszweiges kümmere, bemängelt er.

Gastronomie, Hotellerie und Tourismus würden in Bayern geradezu stiefmütterlich behandelt. "Bisher ist kein einziger Wirt im Landtag", sagt Koch empört. Das müsse geändert werden, deshalb trete er bei der diesjährigen Wahl an. "Schließlich ist die Gastronomie der größte Arbeitgeber in Bayern", sagt er.

Auf Stimmenfang im Wirtshaus

Wenn man Koch so zuhört, meint man, es gäbe kein wichtigeres Thema in der bayerischen Landespolitik als das Rauchen, so ernst nimmt er seine Sache. Freilich sieht er das Ganze in einem übergeordneten Kontext, spricht von "leben und leben lassen", und davon, dass man den Bürger nicht zu sehr einschränken dürfe. "Heute das Rauchtverbot, und was kommt morgen?", ereifert er sich.

Dass er sich mit der Raucherproblematik thematisch zu sehr begrenzt, findet er nicht. Er nutzt vielmehr den emotionalen Stoff, um in Wirtshäusern und bei Rauchern Stimmen zu sammeln.

Bei der Wahl im September rechnet sich der Gastwirt "sehr gute Chancen" aus. Einen eigenen Stimmkreis in München hat Koch zwar nicht, aber er steht auf der Landesliste von Oberbayern. Und da sein Hauptthema, das Rauchverbot, eben so viele Menschen beschäftigt, hofft er auf einen Einzug in den Landtag. "Georg Schmid von der CSU hat gewettet, dass seine Partei mindestens 52,4 Prozent holt", sagt der FDP-Kandidat. "Da traue ich mich mit 1000 Euro dagegenzuhalten."

Wahlkampf macht Koch - in Ermangelung eines eigenen Stimmkreises - dann auch de facto in den Gaststätten des Freistaats. "Die Wirtshäuser, das ist mein Stimmkreis", lacht er. Dort wolle er Flyer verteilen und mit den Leuten ins Gespräch kommen. Schwerpunkte seiner Aktionen sind München, Rosenheim und die Grenzgebiete.

Und Koch zeigt sich zuversichtlich, dass alle, denen er seine Botschaft erklärt, ihm nichts anderes als zustimmen können: "Bayern ist ein Land, in dem es sich zu leben lohnt - und das soll genau so bleiben."

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