Das Würmtal als Marke:Überflüssig und teuer

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Manche finden die Marketing-Attribute des Markenbildungsprozess lächerlich - und damit haben sie recht.

Von Michael Berzl

Erstklassig, privilegierte Lage, geistreich, stolz: Das sollen Werte sein, die das Würmtal ausmachen. So fasst jedenfalls eine Marketingfirma die Ergebnisse von intensiven Diskussionen in Workshops zusammen. Lächerlich findet der Gautinger Grünen-Gemeinderat Jens Rindermann diese Attribute für eine Region. Damit hat er recht, und er ist nicht der einzige Kommunalpolitiker in den bisher am Markenbildungsprozess beteiligten Gemeinden, der mit großer Skepsis beobachtet, was dabei herausgekommen und noch zu erwarten ist.

Es gibt ja tatsächlich einige Gemeinsamkeiten im Würmtal. Nicht nur den Fluss. Da arbeitet zum Beispiel eine gut funktionierende Volkshochschule über Gemeindegrenzen hinweg, hat ihren Hauptsitz in Planegg, nutzt Räume in Gauting und Neuried. Ein Regionalwerk wurde gegründet, um das Stromnetz in drei Gemeinden zu übernehmen. Die Würmtal-Insel dient als Kontaktvermittlung in sozialen Fragen. Der TV Planegg-Krailling vereint Mitglieder aus zwei Landkreisen. Und das sind nur ein paar Beispiele.

Weitere Kooperationen sind denkbar. So war im Gautinger Gemeinderat die Rede davon, dass mehrere Bauhöfe zusammenarbeiten könnten, um gemeinsam Maschinen zu nutzen. Auch Ferienprogramme könnten noch mehr als bisher für das gesamte Würmtal konzipiert werden. Doch dafür braucht es keinen Stolz oder die Einbildung, erstklassig zu sein, sondern einen gesunden Menschenverstand und Pragmatismus.

Einem Firmenchef, der mehr Platz braucht, ist es herzlich egal, welches Markenbewusstsein wo vorherrscht; er geht dorthin, wo die Gewerbesteuer niedrig ist und die Flächen eine gute Verkehrsanbindung haben. Ein Urlauber sucht sich bei www.booking.com das günstigste Angebot heraus und schmunzelt höchstens darüber, dass sich die Würmtaler für besonders geistreich halten.

Bei den Beratungen der Gemeinderäte in Gauting und Planegg wurde schon deutlich, dass der Markenbildungsprozess, der auch noch bis zu 10 000 Euro im Jahr kosten soll, mit großer Skepsis begleitet wird. Die Kraillinger befassen sich am kommenden Dienstag damit. Es wäre eine gute Gelegenheit, ein Ende zu machen.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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