Darts:Pfeilgerade nach oben

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„Entscheidend ist, immer daran zu glauben, dass man gewinnen kann“: Mit dieser Einstellung hat es Sebastian Pohl, 23, gerade ins Nationalteam geschafft. Seinem Münchner Klub fehlt er deshalb allerdings im Saisonendspurt. (Foto: Toni Heigl)

Der Münchner "Irish Folk Pub Dart Club" steht im Jahr eins nach dem Aufstieg in die Bundesliga knapp vor dem Erreichen der Meisterrunde. Aber jetzt fehlt sein bester Spieler.

Von Raphael Weiss, Niederroth

Sebastian Pohl hat die Chance, das Spiel zu entscheiden. Damit wäre das Unentschieden schon sicher. Ein wichtiger Punkt und vielleicht die Möglichkeit, falls die anderen gut werfen, mit einem Sieg noch mal Richtung Meisterschaft zu schauen. Es ist das fünfte Leg. 0:2 hatten er und sein Partner Thomas Blanke in diesem Spiel schon zurückgelegen. Doch jetzt muss Pohl nur die Doppel-20 treffen, dann ist es vorbei. Der Kapitän des Irish Folk Pub Dart Club Munich (IFP Munich) hat eigentlich einen guten Tag erwischt, doch diesmal trifft er nicht. 4:0 lag sein Team heute im Gesamtklassement schon vorne, doch die Bären Flörsheim haben aufgeholt, jetzt steht es 5:3, in den Doppeln entscheidet sich das Duell. Drei Darts haben die Flörsheimer, um auf 4:5 zu verkürzen.

Der IFP Munich ist vergangenes Jahr in die Bundesliga aufgestiegen. Eigentlich heißt das Ziel: Klassenerhalt. Doch die Saison lief besser als erwartet, und der Verein ist derzeit im Mittelfeld der Tabelle. Die besten vier Mannschaften aus der Bundesliga Süd nehmen an der Meisterrunde teil. Der Wettkampf am vergangenen Samstag war die erste Bundesligapartie, die der IFP München ausrichtete. Ein Heimspiel war es nicht gerade, denn die Münchner mussten nach Niederroth ausweichen. Die Regularien des Dartverbands lassen nicht zu, dass Partien in dem kleinen Raum an der Fürstenrieder Straße 112 ausgetragen werden, in dem die Vereinsmitglieder sich fast jeden Tag zum Dartspielen treffen, wo die Spieler trainieren, wo Anfänger Unterricht bekommen, wo sie jeden Donnerstag ein offenes Turnier veranstalten, bei dem Neulinge gegen Bundesligaspieler antreten können. "Die Donnerstags-Competition ist die beste Turnierserie in ganz München", sagt Patrick Gerli. Gerli ist einer der fünf Mitte-Zwanzigjährigen im zehnköpfigen Bundesligateam des IFP Munich. "Als wir in die Bundesliga aufgestiegen sind, haben wir den Verein deutlich erneuert. Wir wollten mehr junge Menschen anlocken", sagt Gerli. "Unser Altersdurchschnitt liegt schon deutlich unter dem Ligaschnitt."

Anführer des Teams ist Pohl. Der 23-Jährige stellt die Mannschaft auf, entscheidet, wer antritt, wer aussetzen muss, kümmert sich um seine Mitspieler und gibt Tipps. Im vergangenen Jahr wurde er bayerischer Meister, dieses Jahr stieg er in der Rangliste des Deutschen Dart-Verbands auf Platz drei. Heute entschied er, dass Gerli nicht spielt. Für ihn sei das okay, sagt Gerli: "Irgendjemand muss ja aussetzen. Beim nächsten Mal bin ich dann wahrscheinlich wieder dabei." Pohl wirft lachend ein: "Hättest du dich mehr aufgeregt, hätte ich dich im Doppel schon rangelassen."

Sebastian Pohl spielt eigentlich jeden Tag Darts, er versucht kleine Fehler aus seinem Spiel zu bekommen und vor allen Dingen Routine in seinen Wurf: "Es ist sehr viel Detailarbeit. Ich habe mal versucht, das per Videoanalyse zu machen, aber ehrlich gesagt bin ich dazu zu faul." Die regelmäßige Teilnahme an den Donnerstagsturnieren sei wichtig, um Wettkampfhärte zu bekommen, um auch in Drucksituationen zu funktionieren. So wie am Samstag, als er erst sein Einzel gewann und dann den 0:2-Rückstand im Doppel aufholte: "Viele können gut Darts werfen. Aber entscheidend ist, immer daran zu glauben, dass man noch gewinnen kann, auch wenn man zurückliegt oder schlecht spielt. Ärgern kann man sich danach immer noch."

Die Bären Flörsheim vergeben ihre drei Matchdarts und die Chance, auf 4:5 zu verkürzen. Jetzt muss Blanke die Doppel-20 treffen. Blanke atmet durch. Der erste Pfeil dreht sich in Richtung Brett. 20. Zwei Pfeile, um die Doppel-10 zu treffen. Der erste geht weit daneben. Pohl hält sich die Hände vors Gesicht und geht in die Knie, während Blanke seinen Arm zurückführt. Blankes Hand schnellt nach vorne, lässt den Dart los und zeigt Momente später triumphierend in Richtung Himmel. Doppel-10. Noch während die Doppelpartner zum Rest der Mannschaft gehen, jubeln und sich umarmen, gewinnen ihre Teamkameraden Zlatko Pendes und André Schwarz knapp mit 3:2 und holen den siebten Punkt des Abends. Die Entscheidung.

Am Ende ist es doch ein deutlicher Sieg. 9:3 der Endstand. In der Tabelle steht der IFP Munich nun auf Rang fünf, punktgleich mit dem Tabellenvierten. An den letzten beiden Spieltagen müssen die Münchner auf ihren besten Spieler verzichten. Denn Pohl wurde für die Nationalmannschaft nominiert und Anfang April zum 4-Nations-Tournament nach Luxemburg eingeladen. Für Pohl ein bittersüßer Moment: "Es ist natürlich ärgerlich, dass sich das mit dem Bundesligaspieltag überschneidet. Aber mein Ziel war es, dieses Jahr in die Nationalmannschaft zu kommen." Seine Teamkameraden nehmen es ihm nicht übel, dass er im Saisonendspurt fehlen wird: "Klar ist es immer besser, wenn der Basti dabei ist, alleine moralisch. Unsere Gegner kennen ihn, dann ist der mentale Druck größer", sagt Gerli. "Aber ich glaube, wenn wir noch im Abstiegskampf gesteckt hätten, wäre er bei uns geblieben. Alles, was jetzt kommt, ist eh nur das Sahnehäubchen."

© SZ vom 07.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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