Damals in der Zeitung:4. Januar 1918

Bittere Kälte in Kombination mit den Auswirkungen der jahrelangen Kriegswirtschaft sorgen für ein Verkehrschaos

München steuert auf ein Verkehrschaos zu: Die Münchner Neuesten Nachrichten (MNN) berichten in der Abendausgabe vom Freitag, 4. Januar, dass der Trambahnverkehr in der Stadt zwei Tage lang um mindestens ein Drittel eingeschränkt werden muss und allenfalls noch der "Betrieb für den Arbeiterverkehr in den Morgen- und Abendstunden" voll aufrechterhalten werden soll. Das Personal der Züge, die nicht mehr fahren können, bekommt kurzerhand dienstfrei. Grund für diese radikale Maßnahme ist die bittere Kälte in Kombination mit den Auswirkungen der jahrelangen Kriegswirtschaft. "Infolge des starken Eisgangs und des Kohlemangels können die städtischen Elektrizitätswerke den notwendigen Strom nicht mehr in der erforderlichen Menge liefern", schreibt die Zeitung. Isar und Amper seien fast komplett mit Eis bedeckt, die Wasserkraftwerke könnten kaum noch Strom produzieren, und den Dampfwerken fehle schlichtweg Heizmaterial. Die MNN rufen die Münchner zur Vernunft auf, auch wenn es in den Trambahnen nun noch mal enger werden dürfte als ohnehin schon: Wer nicht unbedingt fahren müsse, solle "von der Benützung im Interesse ihrer Mitmenschen absehen". Wie eng es auch damals in Stoßzeiten zuging, lässt ein Text in der Morgenausgabe vom selben Tag erahnen. Dort berichtet die Zeitung von neuen Zugangsregeln für den Münchner Hauptbahnhof: Dort werden Fahrgäste nur noch durch Schleusen zu den Gleisen gelassen. Denn an den Weihnachtsfeiertagen 1917 sei das Gedränge so groß gewesen, dass gerade Frauen und Kinder Angst um ihr Leben gehabt hätten.

© SZ vom 04.01.2018 / kc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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