Dächer mit Brücken:Luftschlösser

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Stockholm will in die Höhe bauen, über Wasser und Gleisen

Von Silke Bigalke

Keine Stadt in Europa wächst schneller als Stockholm, das hat jedenfalls die Stockholmer Handelskammer vor knapp zwei Jahren ausgerechnet. Sie ging von elf Prozent mehr Menschen innerhalb von fünf Jahren aus, von mehr als einer Million Stockholmern bis 2020. Doch schon für die, die bereits da sind, gibt es viel zu wenig Platz: Mehr als eine halbe Million Suchende stehe auf den Listen der städtischen Wohnungsvermittlung, sie warten im Schnitt 14 Jahre auf eine Mietwohnung in der Innenstadt, in manchen Vierteln sogar mehr als 20 Jahre. Deswegen kaufen die Viele, für 9200 Euro pro Quadratmeter im Schnitt. Das treibt viele Stockholmer dazu, sich für ihr Heim hoch zu verschulden.

Das Amt für Wohnungswesen hat ausgerechnet, dass bis 2025 im Großraum Stockholm 261 600 neue Wohnungen gebraucht werden. Die Stadt dagegen plant mit 140 000 neuen Wohnungen bis 2030. Dafür baut sie beispielsweise alte Industrie- und Hafengebiete um, etwa westlich von Östermalm, also recht zentral. Dort entstehen 12 000 neue Wohnungen. Als es vor rund 50 Jahren akuten Wohnungsmangel in Schweden gab, baute man große, uniforme Siedlungen. "Millionenprogramm" hieß der Plan der Regierung, eine Million Wohnungen für die schwedische Mittelklasse. Heute leben in diesen heruntergekommenen Blöcken hauptsächlich Menschen, die sich die Innenstädte nicht leisten können. Viele von ihnen kommen nicht aus Schweden. Sie leben wie isoliert vom Rest der Gesellschaft. Das Millionenprogramm ist Beispiel dafür geworden, wie man es als Stadtplaner nicht machen sollte.

Weil Stockholm auf Inseln gebaut ist, ist der Platz allein durch das Wasser begrenzt. Deswegen will man in die Höhe stapeln: Die Stadt plant, einen Gürtel aus Gebäuden über die Zuggleise zu bauen, die bisher offen am Wasser zum Hauptbahnhof führen. Ein Architektenbüro hat sogar mehrere Reihen schmaler Hochhäuser vorgeschlagen, um möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Die Dächer möchte es mit Brücken verbinden und beides bepflanzen. Dann könnten die Menschen hoch über der Stadt spazieren wie in einem Park. Das allerdings sind bisher Luftschlösser.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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