Zukunft MD:Die Bürger, die sie riefen

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Die Teilnehmer der Planungswerkstatt für das neue Mühlbachviertel setzen sich souverän über die Fragen der Stadträte hinweg und entwickeln ihre eigenen Vorstellungen und Schwerpunkte.

Von Viktoria Großmann, Dachau

So ganz die erwarteten 100 Bürger sind es nicht, die zur Planungswerkstatt zur Zukunft des MD-Geländes am Samstag ins Thoma-Haus gekommen sind. Die Tafeln mit den Vorschlägen an den Stadtrat füllen sich trotzdem. Dabei setzen sich die Teilnehmer souverän über das Fragekorsett, das ihnen vorgegeben ist, hinweg. Sie entwickeln einfach ihre eigenen Standpunkte. Die Stadt hatte zum Teil recht detaillierte Fragen an die Bürger gestellt, etwa, wo die Kindertagesstätte gebaut werden soll, ob eine Schule eingeplant werden muss - diese beiden Fragen werden an die Stadträte zurück gegeben - oder wie groß Verkaufsflächen sein sollen. Einige der Teilnehmer wünschten sich mehr Grundsatzdiskussion und von der Stadt mehr Mut zu großen Innovationen.

Zwei Fragen werden ganz deutlich beantwortet: Das höchste Gebäude auf dem Gelände darf so hoch werden wie das Heizkraftwerk ohne Türme. Das wären etwa 40 Meter und damit zwölf Geschosse, die in ferner Zukunft einmal an der Freisinger Straße ein neues Wahrzeichen der Stadt werden könnten. Das Jugendkulturzentrum soll in die Kalanderhalle einziehen, auch da sind sich die Bürger einig.

Für Markus Erhorn, den Vorsitzenden der Initiative Juku Dachau, eine Bestätigung - auch wenn der 26-Jährige mittlerweile schon eher für nachfolgende Jugendgenerationen plant. Die denkmalgeschützte Bausubstanz sieht er als ideal an. Wo einst Maschinen lärmten, könnte in Zukunft genauso gut Musik lärmen - ohne die Umgebung allzu sehr zu stören.

Aber warum eigentlich erst in Zukunft? Erhorn bedauert, dass keine Zwischennutzung möglich ist. Die Stadt hat es bisher immer abgelehnt, dafür Geld auszugeben. Doch es bleibt immer noch Zeit für eine Zwischennutzung. Das sieht auch Lena Wirthmüller so. Kreative könnten die Gebäude nutzen und sich auch in Zukunft gestaltend in das Viertel einbringen, schlägt sie vor. Daneben treibt sie die Frage der sozialgerechten Bodennutzung um. Sie befürchtet, dass nicht genügend Sozialwohnungen gebaut werden könnten.

Die Bürger wollen ihr Mitspracherecht ungern aus der Hand geben und setzen auch in Zukunft auf Diskussion. So fordern sie die Einrichtung eines unabhängigen Gestaltungsbeirates. Eine Entwicklung als Ganzes und auf einen Schlag scheint viele abzuschrecken, eine schrittweise Planung wird vorgeschlagen und der Wunsch geäußert, die Stadt möge den Bebauungsplan Stück für Stück festlegen - was allerdings den Plänen der Stadt vollkommen widerspricht. Diese knüpft an den Bebauungsplan die Bedingung, das Gelände vollständig von Altlasten zu bereinigen. "Die Bürger, die man ruft, bleiben einem", beschließt Moderatorin Ursula Ammermann die Planungswerkstatt.

Die Architekten des auch mit viel Skepsis betrachteten städtebaulichen Siegerentwurfs Verena und Klaus Trojan sind zufrieden: "Es wurde unheimlich sachlich und konstruktiv diskutiert", sagte Verena Trojan am Ende eines langen Debattentages. Um 10 Uhr war die Planungswerkstatt im Stockmann-Saal eröffnet worden, gegen 16 Uhr ging sie zu Ende - viele hatten da noch längst nicht ausgeredet und diskutierten weiter, bis ihnen die Tische unter den Ellenbogen weggezogen wurden.

Außer den Architekten standen den Bürgern Mitarbeiter der Stadt zur Seite, darunter Bauamtsleiter Michael Simon und Hauptamtsleiter Josef Hermann. Der Autor des Altlasten-Gutachtens Axel Christmann war zugegen wie auch die Landschaftsarchitektin Ursula Hochrein, deren Büro Lohrer Hochrein die Grünflächen auf dem Gelände plant. Natürlich auch DEG-Geschäftsführer Herbert Ullmann. Neben Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) zeigten sich Stadträte fast aller Fraktionen. Hartmann spricht von "recht guten Ergebnissen" und einem "breiten Konsens" in den vier Arbeitsgruppen. Einige der Bürger bleiben skeptisch, was das Erhörtwerden bei den Politikern angeht - und schreiben schnell noch einen weiteren Wunschzettel. Noch bis 24. Juni können die Pläne im Thoma-Haus angeschaut und Anmerkungen gemacht werden.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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