Zukunft des Zeltfestivals:Aus dem Amperitiv wird ein Amperitivchen

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Die Bigband Dachau bei ihrem Auftritt im Echodrom am Amperitiv-Festival von 2016. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Viele haben die besondere Atmosphäre des Zeltfestivals geschätzt. Der Verein Echo kündigt ein kleineres Festival an

Von Benjamin Emonts, Dachau

Das überraschende Aus des Kulturfestivals "Amperitiv" löst Bedauern in Dachau aus. "Ich finde das sehr schade. Durch seine Vielfalt und den gelebten Inklusionsgedanken war das Amperitiv eine deutliche Bereicherung für das kulturelle Angebot im Landkreis", beklagt Landrat Stefan Löwl (CSU) die Entscheidung des Echo-Vereins. Der städtische Kulturamtsleiter Tobias Schneider stimmt ihm zu: "Das Amperitiv war so etwas wie das Mini-Tollwood Dachaus, mit einer schönen, besonderen Atmosphäre. Dass es jetzt nicht mehr stattfinden wird, ist sehr schade." Nun werden Stadt und Landkreis einem Ersatzfestival finanziell unter die Arme greifen, das deutlich kleiner und speziell für Kinder und Jugendliche ausgerichtet sein wird.

Auf die Kernkompetenz besinnen

Das Zeltfestival auf der Dachauer Ludwig-Thoma-Wiese hatte immerhin 14 Jahre lang die hiesige Kulturlandschaft mit Konzerten oder Kabarett geprägt. Nun aber wurden der Aufwand und das finanzielle Risiko dem Veranstalter offenbar zu groß, zumal sich in den vergangenen Jahren immer weniger ehrenamtliche Helfer ermuntern ließen. Hinzu kommt, dass sich der Verein Echo erst kürzlich umstrukturiert hat und künftig mehr Konzentration auf seine Kernkompetenz Kinder- und Jugendarbeit sowie Inklusion legen will. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln könne der Verein das Amperitiv nicht mehr stemmen, sagt Karl-Michael Brand, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Nach den recht erfolgreichen Festivals der vergangenen zwei Jahre befürchtete man, die Qualität mangels Personal nicht aufrechterhalten zu können. "Bevor man das Festival nicht gescheit hinbringt, machen wir es lieber gar nicht mehr", sagt Brand.

Insgesamt elf Mal fand das vier- bis fünftägige Kulturfestival seit dem Jahr 2003 auf der Dachauer Thoma-Wiese statt. Das Ziel hinter der Veranstaltung war stets, Kindern wie Erwachsenen, auch Menschen mit Behinderung, kulturell etwas zu bieten zu einem möglichst kleinen Preis oder bestenfalls gar umsonst. Stadt und Landkreis Dachau förderten das Projekt mit einem jährlichen Defizitausgleich. Die Stadt zahlte jedes Jahr 20 000 Euro an den Veranstalter. Das Amperitiv erhielt damit die größte städtische Förderung aller kulturellen Einzelveranstaltungen.

In der Zeltstadt trafen überregionale, teils namhafte Künstler auf Gruppen aus dem Landkreis Dachau. Von Musik über Kabarett bis hin zu Schauspiel war alles geboten. Die Zuschauerzahlen schwankten aber zuweilen sehr stark.

Das Konzept wurde deshalb immer wieder verändert und neu justiert. Zuletzt sei aber ein Aufwärtstrend erkennbar gewesen, so Kulturamtsleiter Schneider. "Noch nie war das Amperitiv so gut besucht wie dieses Jahr. Nach all den Problemen, die wir in der Vergangenheit hatten, haben wir endlich ein funktionierendes Konzept gefunden", sagte Stefan Engleitner 2016, der das Festival mehrere Jahre organisierte. Und der Dachauer Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) bezeichnete das Amperitiv als "kulturellen Eckpfeiler" der Stadt Dachau.

Der Verein hat "derb draufgezahlt"

Innerhalb des Vereins sei das Projekt aber schon immer als "diskussionswürdig" empfunden worden, sagt Brand. Bei manchen Festen habe der Verein "derb draufgezahlt", selbst beim sehr gut besuchten Festival 2016 sei am Ende ein Minus geblieben. "Können wir uns das leisten? Diese Diskussion gab es immer", sagt Brand. Zumal für den Auf- und Abbau mittlerweile Personal bezahlt werden musste, weil sich nicht genug Freiwillige fanden.

"Man muss die Entscheidung so akzeptieren. Die Durchführung von Festivals steht nicht im Vordergrund für den Verein", sagt Kulturamtsleiter Schneider. Er hofft nun, dass die jungen Frauen, die in diesem Sommer erfolgreich das White Paper Festival auf dem Gelände der ehemaligen MD-Papierfabrik veranstaltet haben, die Lücke schließen.

Der Verein Echo will immerhineine Art Kinder- und Jugendfestival zum gewohnten Termin im Mai anbieten. Die Stadt Dachau unterstützt das Vorhaben mit 4000 Euro, und auch der Landkreis will etwas beisteuern. Das Festival soll jährlich stattfinden, "mit weniger Geld und weniger Aufwand", sagt der Echo-Pressesprecher. Die Zelte wird der Zirkus Romano günstig zur Verfügung stellen. Der Verein Tollhaus Dachau hat angekündigt, die Location abends für einige Kleinkunstaufführungen zu nutzen. "Das Festivalfeeling wird uns also nicht ganz verlassen", sagt Brand.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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