Zauberkunst:Meister Allwissend

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Menschen sind wohl doch nicht so unberechenbar: Christoph Kuch führt im Thoma-Haus psychologische Phänomene unterhaltsam vor. (Foto: Toni Heigl)

Vor Mentalmagier Christoph Kuch scheint kein Geheimnis sicher - auch nicht die Pin-Nummer

Von Andreas Förster, Dachau

Bescheidenheit ist nicht die Sache von Christoph Kuch, dem Mentalmagier aus Nürnberg. Sein aktuelles Programm trägt den Titel "Ich weiß". So kommt beim Publikum im Thoma-Haus erst gar kein Zweifel auf, dass er vielleicht hier und da nur gut rät. Nicht ein einziges Mal liegt der 42-Jährige daneben. Souverän nennt er die Zahl, die jemand aus dem Publikum aussucht und aufschreibt: In diesem Fall die 93. Sie steht zwar in keinem der 16 Kästchen - Kuch gibt sich für einen Moment enttäuscht - doch dann triumphiert er: Sowohl die Längs- als auch die Quersummer der Zahlen ergibt 93, genauso wie die Diagonalsumme und die Addition der Ecken und die der kleinen Quadrate. Als Zuschauer kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: Wie macht der Kerl das nur? Hat er vielleicht 99 Ergebnis-Tafeln vorbereitet und schafft es dann irgendwie, die richtige hervorzuzaubern? Fragen über Fragen, doch die Lösung kennt niemand außer dem Magier selbst. Schon als kleiner Bub, erzählt er, habe er mit dem Zauberkasten experimentiert und die Familie mit Kunststückchen beglückt. In der Jugend war es der "fliegende" David Copperfield, der ihn inspirierte, es mit größeren Tricks zu versuchen. Mit 16 lernte er seinen Zaubermeister kennen, der ihn unter seine Fittiche nahm - der Rest ist Geschichte, die ihren vorläufigen Höhepunkt 2012 mit dem Sieg bei der Weltmeisterschaft im Bereich Mentalmagie fand. Danach durfte er im Mekka der Zauberer, dem "Magic Castle" in Los Angeles, auftreten. Ein Kindheitstraum, denn alle großen Meister der Zauberkunst, darunter auch David Copperfield, sind dort aufgetreten. Seitdem lebt der studierte Diplom-Kaufmann davon, andere zu verzaubern.

"Ein Mentalist ist ein Zauberer der Gedanken", beschreibt Kuch seine Kunst. "Meine Experimente drehen sich um psychologische Phänomene, veranschaulicht durch Zauberei. Die Frage ist: Wo verläuft die Grenze zwischen Psychologie und Zauberei." Kuchs Magie ist also eine Mischung aus Zauberei, Menschenkenntnis, Manipulation, Stochastik und Statistik - mit unbekanntem Mischungsverhältnis. Hinzu kommt eine Portion Selbstironie plus bisweilen gespenstische Musik und düstere Beleuchtung. Herauskommt ein unterhaltsamer Abend, an dem Kuch etwa zwanzig Personen aus dem Publikum auf die Bühne bittet, um ihm zu assistieren. Bei dem einen weiß er die geheime vierstellige Pin-Nummer der EC-Karte, bei der anderen weiß er, unter welchem der vier Becher sie einen 15 Zentimeter langen Zimmermannsnagel versteckt hat. Davor klatscht er mit der flachen Hand die anderen drei Becher flach zusammen, der Nagel hätte sich im Falle eines Irrtums - die Chancen liegen immerhin bei 75 Prozent - durch die Hand gebohrt. "Ich habe ja zwei Hände", sagt er und schmunzelt. Irgendwie muss der Kerl das doch gewusst haben, aber wie hat er es herausgefunden? Die Probandin hat doch viermal in genau derselben Tonlage auf seine Frage "Ist der Nagel hier drunter?" mit "nein" geantwortet. Haben die beiden sich vorher abgesprochen?

Aber dann hätte er ja auch mit den anderem im Publikum unter einer Decke stecken müssen, inklusive dem Leiter einer Dachauer Kita, der einen Zauberwürfel willkürlich verdreht. Kuch schafft es, sich den Würfel kurz einzuprägen und ihn innerhalb von zwei Minuten blind zu lösen. Was soll man dazu noch sagen? - Einfach magisch.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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