Willkommen im Schönheitssalon:Heimspiel

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Die Schöne und das Biest: Schon seit mehr als sieben Jahren stehen Renate Jatzeck und Christoph Stangl gemeinsam auf der Bühne. (Foto: Toni Heigl)

Die Dachauer Kultband "Die Schönen und das Biest" begeistert mit ihrem aktuellen Programm das Publikum

Von Andreas Förster, Dachau

Wenn die Schönen und das Biest in Dachau spielen, ist alles klar: Es ist ein Heimspiel für Renate Jatzeck (Vocals, Drums), Mike Berwanger (Bass, Gitarre, Vocals), Christoph Stangl (Percussion, Bass) und Kai Kühnel (E-Piano, Tasten, Gebrummel). Es bedeutet ein ausverkauftes Haus und ein begeistertes Publikum.

In ihrem aktuellen Programm "Willkommen im Schönheitssalon" machen sie Konzeptkunst: Die Schönheit, die bei der Gruppe schon der Name vorgibt, liegt bei allen Liedern im Auge - und vor allem im Ohr - des Betrachters und zieht sich wie eine Klammer durch den dreigeteilten Abend: Teil eins ist die Darstellung des Unschönen, in Teil zwei kommt Hilfe aus den USA in Form des Überraschungsgasts Doc Holliday (Florian Göttler) auf die Bühne, der in seiner skurril-witzigen Herleitung des Begriffs Schönheitssalon in die Zeit des Wilden Westens entführt. In Teil drei schließlich wird "Das süße Leben" beschrieben, eine Hymne auf das Leben, die Lust und den Tod. Im Publikum sitzen an diesem Abend Freunde, Wegbegleiter, Schulkameraden und andere Dachauer, für die die Band längst Kult ist. So lässt sich auch die fast schon intime Nähe zum Publikum erklären. Dieses nimmt die mal frivolen, mal ironischen Texte dankbar auf, während die quirlige Bühnen-Diva Renate Jatzeck in den Liedpausen die skurrilsten Anekdoten aus ihrem Alltag erzählt. Jatzeck hat eine sehr schöne, klare, jugendlich kraftvolle Sprech- und Singstimme, die manchmal wie Judith Holofernes von Wir sind Helden klingt, mal wie Nina Hagen, aber meistens eine ganz individuelle Modulation hat. Und die sich für die Art von Liedern eignet, denen die saloppe Bezeichnung Songs einfach nicht genüge tut - was wohlgemerkt auf 90 Prozent des gespielten Repertoires der Biester zutrifft.

Die Schönen und das Biest sind nicht glatt, nicht auf Pop und schneidige Unterhaltung gebürstet, sondern widerborstig und stachelig, sich gelegentlich bewusst im Ton vergreifend. Nicht verbal, da bleibt es bei Satire, Ironie und hier und da nicht jugendfreier Frivolität, sondern im musikalischen Gesamtausdruck, der zwischen Schlager, Rock, Beat, Ska- und Neue-Deutsche-Welle-Anleihen changiert und sich auch im Liedermacher-Genre bedient. Auch vor einem spontanen Wechsel von Rhythmus uns Tonlage innerhalb eines Liedes macht die Gruppe nicht halt, vor Gebrummel aus der Synthie-Welt von Kai Kühnel, der aus seinem E-Piano Plus auch mal Streicherklänge, Vogelgezwitscher und psychedelisches Gewaber herausholt. Mike Berwanger, im Tagesgeschäft Grafikdesigner und zusammen mit Kühnel beim Bündnis für Dachau (BfD), bringt es auf den Punkt: "Bei den 'Schönen und das Biest' geht es nicht um Wohlfühlmusik, sondern um forsch fröhliche Kritik am Sein, um boshafte Freundlichkeiten und puren Blödsinn." Natürlich mit gespielter Ernsthaftigkeit vorgetragen. Der vollbärtige Hüne guckt bei seinen Gesangseinlagen ("Wenn ich tot bin") so grimmig, dass einem das Herz in die Hose rutscht. Ob er das "Biest" unter den Schönen ist, beantwortet Berwanger vielsagend: "Das liegt ausschließlich im Auge und Ohr des Betrachters." Das Augenzwinkern hinter aller Bosheit und Kritik steckt eben im doppelten Boden der Texte, wie beim kultigen Bügellied. "Bügeln ist die Glättungslust, die hilft gegen den Alltagsfrust ...", aus der bislang einzigen CD "Föhnsucht".

Schlagzeuger Christoph Stangl, der die Gruppe die meiste Zeit im Takt hält - außer bei "Wenn ich tot mit", da spielt er den Bass und Jatzeck die Drums - ist das Rhythmus-Rückgrat und neben Sängerin Jatzeck die Seele der Gruppe. Man habe das verflixte siebte Jahre seit der Gründung nicht ohne Krisen überstanden, erzählt Jatzeck ihrem Publikum. "Aber wir stehen trotzdem noch da", ruft sie triumphierend und eines scheint sicher zu sein: Die Vier wollen noch lange weitermachen.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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