Wie man hochwertigen Wohnraum schafft:Wende in der Baupolitik

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Stadtplaner Mark Michaeli stellt die Lebensqualität in den Fokus

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Der Architekt und Stadtplaner Mark Michaeli ist einer der maßgeblichen Experten für den ländlichen Raum und dessen Zukunft. Als Lehrstuhlinhaber für den Fachbereich "Nachhaltige Entwicklung von Stadt und Land" an der Technischen Universität München befasst er sich mit all den Fragen, die auch den gesamten Landkreis Dachau seit Jahren umtreiben. In dem Leitbild "Dorf und Metropole" versuchten die 17 Kommunen gemeinsam mit dem Kreistag Ansätze zu entwickeln, wie einerseits der Siedlungsdruck aufgefangen und andererseits die ländliche Struktur erhalten werden kann.

In der Reihe "Arnbacher Gespräche" der Katholischen Landvolkshochschule Petersberg am vergangenen Donnerstagabend erläuterte Michaeli, warum eine Lösung dieses Dauerkonflikts nur in einer neuen Baupolitik auf kommunaler Ebene möglich ist. Dazu muss sie die "Qualität des Bauens und die Schaffung von hochwertigen Lebensräumen" in das Zentrum der Debatte rücken.

Dieser Ansatzpunkt fehlt seiner Ansicht nach nicht nur im Dachauer Landkreis. Andere europäische Länder wie Österreich oder die Schweiz seien viel weiter. Dort fänden regelmäßig Veranstaltungen statt, auf denen Gemeinderäte und Bürger über Qualitätsfragen debattierten. Wie Michaeli sagt, mit wachsendem Erfolg. In der Bevölkerung habe sich in kurzer Zeit ein Bewusstsein für Bauqualität an ihrem jeweiligen Ort entwickelt, das zum Maßstab der Politik wurde. Mit den in Bayern formellen Bürgerbeteiligungen sei das Ziel kaum zu erreichen. Solche Formen müssten, wie Michaeli sagt, "niedrigschwelliger" sein. Und sei es ein Stand für Ortsentwicklung mitten im Jahrmarkt, wie er ihn mit Studenten in der Schweiz schon organisiert habe.

Im Gespräch mit der SZ Dachau konkretisiert Michaeli seinen Vorschlag. Die gesamte Baupolitik bis hinauf zum Freistaat orientiert sich seiner Ansicht nach zu stark auf das "Mengenproblem". Es geht um die Infrastruktur, um Wirtschaftsförderung und um rechtliche Vorgaben. Aber die zentrale Frage, wie die Orte ausschauen sollten und wie sich ihre Lebensqualität entwickelt, würden als sogenannte weiche Faktoren nicht ausreichend ernst genommen. Hinzu kommen seiner Ansicht nach der Siedlungsdruck und die monetären Möglichkeiten wirtschaftlich potenter Bauträger, die bereit seien, auch im ländlichen Raum inzwischen "Mondpreise" zu bezahlen. Die Folgen seien fatal, wie man im Ballungsraum sehen könne. Hohe Mietpreise und der Zwang, hohe Grundstückspreise über niedrige Baukosten zu kompensieren, seien im Ballungsraum zu erkennen.

Dem Teufelskreis aus Siedlungsdruck und Preisexplosion müssten Kommunen entgegenwirken. Sie könnten es, indem sie die Qualitätsaspekte der von Gemeinderäten zu genehmigenden Bebauungspläne in den Vordergrund rückten und die Ausweisung von Bauland maßvoll betrieben. Nach einer Statistik des Landratsamts stehen im Landkreis 1800 Wohnung für mindestens mehrere 1000 Bewohner leer. In Schwabhausen sind beispielsweise innerorts 150 Grundstücke nicht bebaut. In anderen Gemeinden dürfte es ähnlich aussehen. Michaeli spricht von einer "Katastrophe" für die Innenentwicklung auf Kosten der Allgemeinheit. Denn die Gemeinschaft habe die Infrastruktur bereits bezahlt. Eigentümer weigerten sich aber, ihrer daraus resultierenden Verpflichtung zum Bauen nachzukommen.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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