Wichtiges Signal:Fairtradestadt Dachau

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Nicht jeder kennt den Weltladen, doch das soll sich ändern: Die Mitarbeiter wollen faire gehandelte Produkte publiker machen - mit einem Siegel. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Der Weltladen wünscht sich, dass Produkte mit gerecht bezahlten Löhnen mehr unterstützt werden. Deshalb machen sich die ehrenamtlichen Helfer für ein Siegel stark, dass das Problem mehr in den Fokus rückt

Von Jacqueline Lang, Dachau

Den kleinen Laden in der Augsburger Straße gibt es nun schon seit knapp zweieinhalb Jahren, doch noch immer trifft Ladenleiterin Brigitte Hinterscheid Menschen, die nicht wissen, dass es auch in Dachau einen Fairtradeladen gibt. Höchste Zeit, das sich das ändert, finden die nahezu 20 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Sie planen nun, nach dem Vorbild der Gemeinde Petershausen, ein Fairtradesiegel für die Stadt zu beantragen - für mehr Sichtbarkeit und Transparenz.

Im April 2014, noch bevor der Weltladen eröffnet hatte, habe die damalige Stadträtin Elisabeth Schilhabel (Bündnis 90/Die Grünen) schon einmal einen solchen Antrag gestellt. Doch der Stadtrat lehnte ab. Damals sei die Stadt falsch informiert worden, erklärt Hinterscheid. Man sei davon ausgegangen, dass ein zusätzlicher Sachbearbeiter eingestellt werden müsse. Das hätte zusätzliche Kosten bedeutet und das wollten die Kommunalpolitiker nicht. Jetzt erhoffen sich die Initiatoren mehr Erfolg.

Man wolle all diese Vorbehalte aus dem Weg räumen, sagt die Leiterin des Dachauer Weltladens, die erst seit April im Amt ist. "Vermutlich wird der Weg ein wenig steiniger, als wir gedacht hatten." Dennoch gibt sie sich optimistisch. Wenn möglichst viele Parteien und Vereine frühzeitig mit einbezogen werden und alle Beteiligten richtig informiert werden, könnte der Antrag Erfolg haben, so Hinterscheid.

Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) findet die Idee eines Fairtradesiegels für die Stadt Dachau "grundsätzlich nicht schlecht". Die Voraussetzungen dafür seien jetzt besser als vor vier Jahren, sagt er. Denn der Fairtradeladen sei bereits in Dachau etabliert, das Bewusstsein für gerechte Löhne gewachsen und die ehrenamtlichen Mitarbeiter treiben das Vorhaben voran. "Das ist ein wichtiger Baustein", so Hartmann. Doch gibt er auch zu bedenken, dass ein Siegel allein nicht reiche. "Man muss das Siegel mit Leben füllen." Doch erst wenn ein Antrag vorliege, könne er gemeinsam mit dem Stadtrat erneut darüber entscheiden, sagt Hartmann.

Aber warum braucht es überhaupt ein solches Siegel? "Fairtrade-Towns fördern gezielt den fairen Handel auf kommunaler Ebene und sind das Ergebnis einer erfolgreichen Vernetzung von Personen aus Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft, die sich für den fairen Handel in ihrer Heimat stark machen", heißt es auf der Homepage des Vereins zur Förderung des Fairen Handels in der Einen Welt, der die Siegel vergibt. Städte und Gemeinden, die ein solches Siegel haben, wollen damit demonstrieren, dass sie soziale Verantwortung übernehmen, innovativ und weltoffen sind. Außerdem gehe es darum, ein Vorbild für die Bürger zu sein, so die Initiatoren dieser Bewegung. "Ein solches Siegel würde auch einer Stadt wie Dachau, vor allem mit ihrem geschichtlichen Hintergrund, gut anstehen", findet sie. Bislang gibt es in Deutschland 535 sogenannte Fairtrade-Towns, davon sind 87 Gemeinden.

Um das Siegel tragen zu dürfen, muss die Stadt Dachau einige Kriterien erfüllen: Am wichtigsten ist zunächst die Zustimmung des Stadtrats. Erst wenn diese vorliegt, kann eine Steuerungsgruppe gebildet werden. Diese besteht aus Personen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft. Sie koordinieren die Kampagne. Denn das Siegel bekommt die Stadt nur, wenn in Einzelhandelsgeschäften, sowie in Cafés und Restaurants mindestens zwei Produkte aus fairem Handel angeboten werden und diese in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Vereinen und Kirchen auch verwendet werden. Zudem soll die Öffentlichkeit über das Vorhaben informiert werden. Sind all diese Kriterien erfüllt, kann sich die Stadt um das Siegel bewerben. Damit sei die Auszeichnung zwar nach wie vor nur eine Art Ehrentitel für die Stadt ohne direkten Nutzen, aber wenn alle an einem Strang ziehen, wäre das Siegel dennoch im Sinne der Allgemeinheit, glaubt Hinterscheid.

Erste Gespräche mit dem Kulturamt und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) haben die ehrenamtlichen Betreiber des Weltladens bereits geführt. Hinterscheid glaubt dennoch, dass es noch bis zu einem halben Jahr dauern kann, bis eine konkrete Entscheidung fällt. Denn anders als sie ursprünglich erwartet hatten, habe man "keine offenen Türen eingerannt", sagt Brigitte Scheibe. Sie ist ebenfalls mit der Leitung des Weltladens betraut.

Scheitern die Initiatoren erneut mit ihrem Vorhaben, so wollen sie sich dennoch nicht entmutigen lassen. Die Themen Nachhaltigkeit und fairer Handel bleiben auf ihrer Agenda. Dafür wollen sie sich weiterhin einsetzen. Aktuell gibt es deshalb nun eine Aktion, bei der alte Handys in dem kleinen Laden in der Altstadt abgegeben werden können. So sollen wichtige Rohstoffe zurückgewonnen und gleichzeitig der illegale Handel mit Elektroschrott unterbunden werden. Damit lasse sich zwar nicht von heute auf morgen die Welt verändern, aber die Aktion solle zeigen, dass jeder seinen Beitrag leisten könne, sagt Hinterscheid.

© SZ vom 01.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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