Weniger Besucher:Farbtupfer im grauen Himmel

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Ab und zu steigen leuchtende Luftballons von Dachaus längstem Straßenfest auf, das mit viel Regen zu kämpfen hat. Dennoch ist die Lange Tafel gut besucht. Auf einer Strecke von 600 Metern Länge reihen sich Vereins-, Verkaufs- und Essensstände sowie drei Bühnen aneinander

Von Annalena Sippl, Dachau

Schon von weitem ist er zu sehen. Ein knallroter Luftballon steigt am Samstagmittag schnell über Dachau auf. Doch woher kommt der fröhliche Farbtupfer am grauen Himmel? Die Antwort ist einfach. Auf einer Strecke von rund 600 Metern reiht sich in der Münchner Straße Bude an Bude, Stand an Stand. Schon zum zwölften Mal findet die Lange Tafel statt. Auf drei verschiedenen Bühnen sorgen Musiker und Sportgruppen für Unterhaltung. Der zünftige Gesang der bayerischen Band Xangel Buam schallt vom einen Straßenende her, die Trommelschläge der Münchner Sambagruppe Bateria Z vom anderen. An vielen Ständen gibt es die Möglichkeit zum Ausprobieren und Mitmachen. Die Lange Tafel ist gut besucht, auch wenn es wegen des Regens wohl nicht 14 000 Besucher wie im Vorjahr sind.

Die Seifenblasen sind gar nicht so leicht einzufangen. (Foto: Toni Heigl)

Besonders viele Besucher scharen sich um den Pavillon der Verkehrswacht. "Das ist unser Fahrradsimulator", erklärt eine Mitarbeiterin: "Hier saß heute wirklich jeder schon mal drauf - Vater, Mutter, Kind und sogar Oma und Opa." Während die Testperson auf einem echten Fahrrad strampelt, wird auf einem Monitor eine Strecke simuliert. Jederzeit kann ein Auto aus einer Ausfahrt herausschießen, dann heißt es: schnell reagieren und bremsen. Ähnlich beliebt ist der Parcours, der mit einer sogenannten Rauschbrille bewältigt werden muss. Jung und Alt torkeln an den vorgegeben Linien entlang oder auch vorbei - denn die Gläser simulieren den Blick bei verschiedenen Promillewerten.

In der Münchner Straße kamen am Samstag wieder viele Besucher zu Dachaus längstem Straßenfest. Auf drei Bühnen boten Musiker wie die X.angel Buam und Sportler viel Unterhaltung. (Foto: Toni Heigl)

Das sogenannte Power Trampolin lädt nicht nur zum Zusehen, sondern zum Mithüpfen ein. Große Baumkronen schützen vor dem Regen, der immer fällt. Vor allem der Nachwuchs hat viel Freude daran, die gezeigte Choreografie auf den kleinen Trampolins nachzuahmen. Viel ruhiger geht es am Stand des Billardsport-Vereins zu. Ein Kommentator erläutert die gezeigten Strategien, während zwei Jungen konzentriert die Kugeln über die grüne Samtdecke stoßen. Großer Andrang herrscht bei der Tombola, deren Erlös für die Weihnachtsbeleuchtung der Münchner Straße genutzt werden soll.

Am Karussell hatten die Kinder ihre Freude. (Foto: Toni Heigl)

"Das mit dem Wetter stehen wir durch", sagt Maria Kasperczyk, Geschäftsführerin der Kreisverkehrswacht. Aber nicht jeder Besucher arrangiert sich mit der Situation. Aus den dunklen Wolken, die ab dem frühen Nachmittag aufziehen, fallen immer wieder einige Tropfen. "Das lädt wirklich nicht zum Verweilen ein", erklärt Martin Schweiger, Inhaber des Getränkeausschanks an der Biergartenbühne. Rund 4000 Liter kühles Helles hatte er für seine Gäste anliefern lassen, angesichts der Wetteraussichten rechnet er jedoch damit, dass nur etwa ein Zehntel davon getrunken wird. "Wenn das so bleibt, muss ich meine Mitarbeiter früher heimschicken", sagt er und lässt seinen Blick über die leeren Bierbänke schweifen. Mancher wiederum kann dem Regen sogar etwas abgewinnen. "Dann ist es immerhin nicht so voll", meint Agathe Schmidt, die in Rain am Lech lebt und in Dachau Tochter und Enkelkinder besucht. "Wir sind gerade erst gekommen, wir haben noch gar nicht so viele Eindrücke gesammelt." Doch die Fleischspezialität Pulled Pork und Käsespätzle hätten sie schon probiert, erzählt sie. Neu in diesem Jahr ist Spielwaren Schmidt's Kinderparadies. In wetterfester Kleidung drehen zwei Jungen in der Bimmelbahn ihre Kreise, die meisten Kinder versammeln sich jedoch beim Kasperltheater, wo es trocken und windgeschützt ist.

Kurz darauf öffnet Anton Jais am Stand der Erzeugergenossenschaft Dachauer Land seinen Regenschirm. Als "Straßenkämpfer", wie er sich selbst nennt, spricht er Besucher an und informiert sie über das Netzwerk. "Es geht uns darum, dass fair produzierte, regionale Lebensmittel hier im Landkreis direkt verkauft werden." Für ihn ist die Lange Tafel eine wichtige Einrichtung: "Vereine können hier ihre geschäftlichen oder ideellen Interessen vertreten." Ein paar Dutzend Meter weiter, stehen Manfred und Elli Keppeler beim Stand von Jaques' Wein-Depot. Nicht einmal einen Schirm haben die beiden dabei - mutig. "Wenn es nieselt, stellen wir uns halt bei Jaques unter", lacht die Dachauerin zuversichtlich.

Für die beiden Stammgäste ist die Lange Tafel, die von Geschäftsleuten der Münchner Straße im Bund der Selbständigen (BDS) veranstaltet wird, ein einzigartiges Fest: "Es ist so eine liebenswerte Veranstaltung, genau wie die Stadt selbst." Am Ausgang in Richtung Bahnhof wacht Security-Mann Marcel Kosuch mit einem Kollegen neben den Betonpollern, die die Zufahrt blockieren. "Die wiegen mindestens 250 Kilo", erklärt der 18-Jährige. "Wir haben zu zweit versucht, einen zu verschieben - keine Chance!" Am Bahnhof lässt ein Mädchen auf einer Bank enttäuscht die Beine baumeln, in den Händen hält sie eine Nylonschnur - ohne Ballon. Immerhin sorgt auch dieser Luftballon für einen Farbtupfer zwischen all den grauen Wolken.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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