Es ist eine Wahlkampfveranstaltung der ernsteren Art, der Vortragsabend der ÖDP mit Gastredner Tobias Ruff. Er ist Co-Landesvorsitzender der Partei und spricht über den "Earth Overshoot Day", den Tag im Kalenderjahr, an dem die Weltbevölkerung mehr Ressourcen der Erde verbraucht hat, als die Erde in einem Jahr wieder reproduzieren kann. Deutschland erreichte diesen Tag im vergangenen Jahr am 4. Mai.
Knapp 25 Menschen haben sich am Donnerstagabend im Schützenstüberl des Drei Rosen in Dachau eingefunden. Der Grund dafür ist aber nicht zwangsläufig Tobias Ruff, der sich in München als Stadtratsmitglied und Fraktionsvorsitzender einen Namen gemacht hat, aber hier im Landkreis eher unbekannt ist: "Die Leute kommen wegen der Themen", sagt Adrian Heim aus Karlsfeld, der als Direktkandidat für den Landtag kandidiert. Ruff sei zwar kein prominenter Publikumsmagnet wie ein Markus Söder, aber Ruff traue sich, große Themen anzusprechen.
Ruff fordert ein Tempolimit
An diesem Abend sind es die Grenzen des Wirtschaftswachstums, die Krux mit den PS-starken E-Autos und die Veränderung des Klimas, die Folgen zeigen sich auch im Landkreis Dachau. "Im Kleinen sind die Auswirkungen dramatischer", sagt Ruff: "Auch hier im Ortskern merkt man, dass es heißer wird", und das werde Einfluss auf die Lebensqualität haben. Ruff fordert ein Tempolimit, um die CO₂-Belastung zu senken, und spricht sich gegen die Finanzierung von Parteitagen durch Industrieverbände aus, die politischen Einfluss nehmen wollen.
Unter den Gästen finden sich eine langjährige Gemeinderätin, eine Vertreterin des Vereins Selige Märtyrer von Dachau und ein älterer Herr, der sich schon seit seiner Jugend beim Bund Naturschutz engagiert. Sie teilen Ruffs Ansicht, dass Ressourcenschonung bei jedem Menschen im Kleinen anfängt: mit Verzicht und Maßhalten. "Wenn wir das nicht tun, dann schreiben wir die gegenwärtige Situation fort", und gefährden damit das Leben von Kindern und Enkeln, sagt Ruff.
Ungewiss, ob es für den Landtag reicht
Auf die Frage aus dem Publikum, wo man bei sich selbst anfängt, hält Heim sein Handy in die Luft: Sein Arbeitshandy, das er abgibt, sobald er in Rente ist. Danach werde er sich ein sogenanntes Fairphone zulegen, um wertvolle Ressourcen zu schonen, wie er sagt. Weitere Vorschläge kommen aus der Runde. Tobias Ruff ist mit dem Fahrrad statt mit dem Auto aus dem Münchner Norden angereist und eine Zuhörerin erzählt, dass sie auf die umweltschädlichen Kaffee-Alukapseln verzichte und lieber daheim bleibe, als in den Urlaub zu fahren.
Auf der Leinwand ist eine Karikatur zu sehen, die man schon aus früheren Wahlkämpfen kennt: Auf einer Blühwiese fläzt ein gelber Löwe. Über dessen unteren Rücken und Hinterteil ziehen sich weiß-blaue Karos, darunter blitzt ein Reißnagel. Die Karikatur verweist auf das von der ÖDP im Jahr 2019 initiierte Volksbegehren "Rettet die Bienen", eines der erfolgreichsten Volksbegehren in der Geschichte Bayerns. Und ein Pieks in den behäbigen CSU-Hintern.
Ob der Reißnagel nach den diesjährigen Wahlen größer oder kleiner ausfällt, bleibt abzuwarten. Derzeit hat die ÖDP drei Sitze im Kreistag und ist auch in den Gemeinderäten in Markt Indersdorf und Odelzhausen vertreten. Ziel ist nach wie vor, die Fünf-Prozent-Hürde bei der Landtagswahl zu knacken, an der die ÖDP seit Gründungszeiten scheitert. Adrian Heim gibt dazu keine Prognose ab. Auch Ruff bleibt vorsichtig, er "sieht Möglichkeiten".